Franz Muatuszcyk 1961 Portrait in einer CDU-Wahlbroschüre |
Heute kann
man es sich gar nicht mehr vorstellen. Doch Franz Matuszczyk (Archivfoto: CDU) war über mehr als
zwei Jahrzehnte als Ratsherr der CDU und als Redaktionsleiter der
Ruhrnachrichten Teil der Mülheimer Kommunalpolitik. „Ich habe meine Arbeit in
der Redaktion und im Rat immer sorgfältig voneinander getrennt. Auch wenn ich
politisch nicht einer Meinung mit ihnen war, hatte ich auch zu einigen
Mülheimer Sozialdemokraten gute und zum Teil sogar freundschaftliche
Beziehungen. Auf der anderen Seite bekam ich bei CDU-Versammlungen auch schon
mal zu hören, dass ich in unserer Zeitung zu oft über den sozialdemokratische
Oberbürgermeister Heinrich Thöne berichten würde. Oder die journalistische
Konkurrenz argwöhnte, dass ich aufgrund meiner Ratsmitgliedschaft einen
Informationsvorteil hätte, was aber in der Praxis gar nicht der Fall war“,
erinnert sich Matuszczyk an seine Zeit als Kommunalpolitiker und Journalist in Mülheim.
Franz Matusczyk 2011 bei seiner Jubilarehrung für 60 Jahre Mitgliedschaft in der CDU Foto: Marc Würfel-Ellberg |
„Weil ich Geld verdienen musste und meiner Mutter nicht auf der Tasche liegen wollte“, entschied sich Matuszczyk nach dem Abitur gegen ein Studium und für ein Volontariat bei der Westfalenpost. Schon nach seinem ersten Volontariatsjahr erhielt er 1948 bei der Westfalenpost eine Anstellung als Redakteur und arbeitet als Lokaljournalist zunächst in Meschede, Neheim-Hüsten und dann in Dortmund.
Als sich
die Westfalenpost 1949 aus Dortmund zurückzog, wechselte Matuszczyk zu den damals vom
Verleger Lambert Lensing neugegründeten Ruhrnachrichten. Die Zeitung wurde noch
von der britischen Militärregierung lizensiert und profiliert sich als CDU-nahe
Tageszeitung. Nach einem kurzen Intermezzo in Essen und Oberhausen baute der damals
erst 23-jährige Journalist ab Mai 1950 die Mülheimer Lokalredaktion der Ruhrnachrichten auf, die damals zunächst als
Mülheimer Tageblatt erschienen. „In der Anfangszeit hatten wir täglich nur
eineinhalb Lokalseiten und erschienen aufgrund des akuten Papiermangels nur
dreimal pro Woche“, erinnert sich Matuszczyk an den Beginn seiner lokaljournalistischen Tätigkeit in
Mülheim. Zunächst war er alleiniger Redakteur und wurde lediglich von einem
Pauschalisten, einem Volontär und einigen freien Mitarbeitern unterstützt. Zu
seinen ersten Redaktionsvolontären in Mülheim gehörte unter anderem Rudolf
Strauch, der später unter anderem Vorsitzender der Bundespressekonferenz und
Chefredakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung werden sollte.
„In
meinen ersten Mülheimer Jahren lebte ich als möblierter Herr in Speldorf. Erst
nach meiner Hochzeit 1954 zog ich mit meiner Frau in die Stadtmitte, wo wir
zuletzt im Von-der-Linden-Haus an der Leineweberstraße wohnten. Politisch
behielt ich meine Heimat aber bei der CDU in Speldorf“, berichtet Matuszczyk.
Der
Westfale Matuszczyk kam mit „den gesprächigen Mülheimern, bei denen
man schon einen leichten rheinischen Einschlag spürte, schnell ins Gespräch.“
Die Überschaubarkeit der Stadt, das Ruhrtal, der Kirchenhügel, der Wasserbahnhof
mit der Weißen Flotte „und eine attraktive Innenstadt, die damals viele
Menschen aus den Nachbarstädten anzog“, ließen ihn in Mülheim schnell heimisch
werden. Und er merkte schnell, „dass die Identifikation der Bürger mit ihrer
Stadt hier sehr ausgeprägt war.“
Dass
der junge Journalist 1951 in die Mülheimer CDU eintrat und schon ein Jahr
später als Speldorfer Kandidat und Ortsverbandsvorsitzender in den Rat der
Stadt einzog, hatte mit dem damaligen CDU-Vorsitzenden und
Alt-Oberbürgermeister Wilhelm Diederichs zu tun. „Er war mein politischer
Lehrer und hat mich in die Partei geholt. Diederichs war Mülheimer durch und
durch. Er kannte die Stadt in- und auswendig. Außerdem beeindruckte er mich mit
seinem ausgewogenen politischen Urteil und mit seiner großen Gelassenheit“,
erzählt Matuszczyk. Auch an andere Christdemokraten seiner Zeit hat er
gute Erinnerungen: „Max Vehar war ein glänzender Redner. Hemann Schmidtke ein
fleißiger und kontaktfreudiger Bürgermeister, der Menschen ansprechen und
mobilisieren konnte. Und Helga Wex habe ich als eine großartige Persönlichkeit
mit politischem Weitblick in Erinnerung“, betont Matuszczyk.
Sein
politischer Schwerpunkt im Rat lag in der Kulturpolitik. Während seiner
gesamten Zeit im Rat, die 1972 mit der Verleihung des Ehrenringes der Stadt
gewürdigt werden sollte, gehörte er dem Kulturausschuss an. Schon während
seiner ersten Wahlperiode war Matuszczyk stellvertretender
Vorsitzender dieses Ausschusses, den er in seiner letzten Wahlperiode (1969 bis
1975) als Vorsitzender führen sollte. Gerne erinnert sich Matuszczyk
an die Glanzlichter seiner journalistischen und politischen Arbeit in Mülheim,
die Wiedereröffnung der Stadthalle durch den ersten Bundespräsidenten Theodor
Heuss (1957), die in den 60er Jahren realisierte Schaffung eines
Gewerbegebietes im Speldorfer Hafen, die ihn bis heute mit Hochachtung an den
damaligen Oberstadtdirektor Heinz Heiderhoff zurückdenken lässt, oder an die
von ihm politisch begleiteten Bemühungen, um den finanzpolitisch vertretbaren
Neubau einer Stadtbücherei am Rathausmarkt, die Einrichtung eines neuen Museums
an der Leineweberstraße oder die Planungen für den Neubau einer
Volkshochschule.
„Ich
habe mich damals dafür eingesetzt, in der neuen Volkshochschule einen Saal mit
einer Theaterbühne für experimentelles Theater einzurichten, die über die
Stadtgrenzen hinaus ins gesamte Ruhrgebiet ausstrahlen sollte. Diese Idee ist
dann später vom damaligen Kulturdezernenten Helmut Meyer in ganz anderer Form
realisiert worden, in dem er Roberto Ciulli die Möglichkeit eröffnete, im
ehemaligen Kurhaus am Raffelberg das Theater an der Ruhr zu gründen“, berichtet
Matuszczyk.
Besonders am Herzen lag ihm auch das Thema Denkmalschutz, Als
Vorsitzender des Kulturausschusses setzte er sich in den frühen 70er Jahren mit
Nachdruck für den Denkmalschutz ein und sorgte für die Aufstellung der ersten
Mülheimer Bau-Denkmal-Liste. „Was sollen wir mit dem alten Zeug? Weg damit!“
beschreibt er die in den späten 60er und frühen 70er Jahren ausgeprägte
Tendenz, Altbauten abzureißen und im Sinne von Stadtverdichtung Neubauten, wie
etwa die Hochhäuser am Hans-Böckler-Platz zu errichten. Mit Schrecken erinnert
er sich daran, dass es in den 60er Jahren ernsthafte Überlegungen gab, das
Schloss Broich und auch die alten Kapitänshäuser auf dem Dudel abzureißen und
letztere durch moderne Hochbauten zu ersetzen. Auch im Fall der Heißener Bergmannssiedlung
Mausegatt-Kreftenscheer gab, mussten Matuszczyk und seine Mitstreiter, die er
unter anderem beim Landschaftsverband Rheinland fand, die Einsicht politisch
durchsetzen, diese historische Bausubstanz nicht zu vernachlässigen und damit
ihrem Niedergang preiszugeben, sondern langfristig zu erhalten.
Nicht
erhalten konnte Franz Matuszczyk die Mülheimer Medienvielfalt, zu der bis
1974 auch die Ruhrnachrichten gehörten. „Wir hatten zuletzt eine Auflage von
rund 5000 Exemplaren und waren die kleinste Zeitung am Ort“, erinnert sich der
Journalist. Schon lange vor dem Internet war das Pressesterben und die
Pressekonzentration in der Mitte der 70er Jahre ein Thema. Nachdem die von ihm
geleitete Lokalredaktion geschlossen wurde, wechselte Matuszczyk 1974 als
Leiter des städtischen Presseamtes nach Münster, wo er bis heute lebt, und nach
seiner Pensionierung im Jahr 1993 immer wieder als freier Journalist tätig
gewesen ist. Gerne erinnert sich Matuszczyk daran, dass er in der letzten
Phase seiner kommunalpolitischen Arbeit im Speldorfer CDU-Ortsverband „einen
jungen Polizeibeamten, der mir immer woeder aufgefallen war, zur Kandidatur für
den Rat der Stadt, ermutigen konnte.“ Der Mann hieß Hans-Georg Specht und
sollte 20 Jahre später Mülheimer Oberbürgermeister werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen