Martin Meier |
„Die Menschen kamen mit dem an, was sie am Leibe trugen. Sie
waren sehr erschöpft, sehr still und zurückhaltend. Das macht einen schon
nachdenklich, wenn man plötzlich erkennt, wie gut es uns in Deutschland geht.“
So erinnert sich der Kreisbereitschaftsleiter des Deutschen Roten Kreuzes,
Martin Meier, an den Nachmittag des 21. Juli. An diesem Nachmittag trafen gegen
16.30 Uhr die ersten 50 Flüchtlinge aus Unna-Massen an der Lehnerstraße ein.
Insgesamt 81 Menschen aus 12 Nationen kamen an diesem Tag auf dem Gelände des
Saarner Schulzentrums an, darunter 11 Kinder und 4 schwangere Frauen. Dort
wurden sie von je 30 Helfern des Roten Kreuzes und der Johanniter Unfallhilfe
in Empfang genommen. Keine 24 Stunden
waren vergangen, seitdem DRK und Johanniter Unfallhilfe von der
Düsseldorfer Bezirksregierung und der Mülheimer Feuerwehr den Auftrag erhalten
hatten, in der Turnhalle des Saarner Schulzentrums eine Flüchtlingsunterkunft
einzurichten.
In Windeseile mussten Lebensmittel beschafft, Etagenbetten
aufgebaut und WC,- Dusch- und Wasch-Container aufgestellt werden. „Insbesondere
die benötigten Waschmaschinen waren so schnell nur über den Großhandel zu
bekommen“, erinnert sich Meier. „Das war schon eine tolle
Gemeinschaftsleistung. Da haben alle Hand in Hand gearbeitet“, lobt Martin
Meier seine Leute vom DRK und die Kollegen von der Johanniter Unfallhilfe.
Dieses Lob bekamen die ehrenamtlichen Helfer auch von den Stadt- und
Feuerwehr-Spitzen zu hören, die sich am 22. Juli vor Ort ein eigenes von der
Lage Bild machten.
„Die Flüchtlinge waren anfangs sehr ängstlich. Man musste
ihnen sogar den Becher Wasser in die Hand drücken, damit sie überhaupt etwas
tranken“, erinnert sich Meier. Das galt auch für das Marzipan, das als Spende
einer Nachbarin an die Kinder verteilt wurde. Vor der ersten Mahlzeit in der
Erstaufnahmestelle, verteilten die für die Verpflegung der Flüchtlinge und der
Einsatzkräfte verantwortlichen Leute vom DRK an jeden Flüchtling sein eigens
Geschirr, das die Flüchtlinge selbst spülen und während ihres Aufenthaltes an
der Lehnerstraße bei sich halten müssen.
„Die Flüchtlinge essen viel Weißbrot, aber kein Grau- oder
Schwarzbrot. Zum Frühstück und zum Abendessen gibt es neben Weißbrot Kaffee,
Tee, Wasser, Käse, Butter und Marmelade. Auch beim Mittagessen setzten wir in
Zusammenarbeit mit einem Caterer auf vegetarische Lebensmittel, wie Suppe,
Kartoffeln, Kohl und Salat, weil 80 Prozent der Flüchtlinge Muslime sind und
deshalb kein Schweinefleisch essen“, gibt der 34-jährige
Kreisbereitschaftsleiter des DRKs einen Übersicht der Verpflegungslage.
Aber auch die deutsche Bürokratie fordert ihr Recht. Um alle
Flüchtlinge erfassen und ihre jeweilige Ausgangssituation für die
Bezirksregierung dokumentieren zu können, haben DRKler und Johanniter in einem
Schulbüro eine Einsatzleitstelle eingerichtet, um für jeden Neuankömmling eine
Personalakte anlegen zu können. Außerdem musste bei einer ersten Sichtung
festgestellt werden, wer welche medizinische Hilfe braucht. Mit einem
Mannschaftswagen wurden behandlungsbedürftige Flüchtlinge ins Krankenhaus oder
zum Arzt gebracht.
Je nach Möglichkeit verständigen sich Betreuer und Betreute
mit Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch oder auch mit Händen und Füßen.
„Wir haben Gott sei Dank drei Helfer mit arabischen Wurzeln und entsprechenden
Sprachkenntnissen in unseren Reihen“, freut sich Meier.
Zur ehrenamtlichen Betreuung gehört es auch, mit den Kindern
der Flüchtlingsfamilien auf dem Schulhof Fußball und Tennis zu spielen oder mit
Kreide kleine Gemälde aufs Schulhofpflaster zu zaubern. „Die Kinder und
Jugendlichen können ja nicht den ganzen Tag auf ihren Betten in der Turnhalle
liegen“, meint Meier.
Als Vorteil empfindet der Kreisbereitschaftsleiter die
Tatsache, „dass wir zurzeit Schulferien haben, so dass die Flüchtlinge zumindest
für zwei oder drei Wochen in der Turnhalle untergebracht werden können und
viele unserer jungen Helfer schulfrei haben.“ Ältere Kollegen, wie der
34-jährige Außendienstmitarbeiter müssen ihren ehrenamtlichen Einsatz vor oder
nach der Arbeit leisten oder sich auch Urlaub nehmen.
Meier
sieht es pragmatisch: „Wer sich beim Roten Kreuz engagiert, weiß, dass neben
den Rettungs- und Sanitätsdiensten, eben auch diese humanitäre Betreuung zu
unseren Aufgaben gehört.“
Dieser Text erschien im DRK-Magazin vom August 2015
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