Mittwoch, 23. September 2015

Humanitäre Hilfe vor der Haustüre Das Rote Kreuz betreut Flüchtlinge an der Lehnerstraße

Martin Meier

„Die Menschen kamen mit dem an, was sie am Leibe trugen. Sie waren sehr erschöpft, sehr still und zurückhaltend. Das macht einen schon nachdenklich, wenn man plötzlich erkennt, wie gut es uns in Deutschland geht.“ So erinnert sich der Kreisbereitschaftsleiter des Deutschen Roten Kreuzes, Martin Meier, an den Nachmittag des 21. Juli. An diesem Nachmittag trafen gegen 16.30 Uhr die ersten 50 Flüchtlinge aus Unna-Massen an der Lehnerstraße ein. Insgesamt 81 Menschen aus 12 Nationen kamen an diesem Tag auf dem Gelände des Saarner Schulzentrums an, darunter 11 Kinder und 4 schwangere Frauen. Dort wurden sie von je 30 Helfern des Roten Kreuzes und der Johanniter Unfallhilfe in Empfang genommen. Keine 24 Stunden  waren vergangen, seitdem DRK und Johanniter Unfallhilfe von der Düsseldorfer Bezirksregierung und der Mülheimer Feuerwehr den Auftrag erhalten hatten, in der Turnhalle des Saarner Schulzentrums eine Flüchtlingsunterkunft einzurichten.
In Windeseile mussten Lebensmittel beschafft, Etagenbetten aufgebaut und WC,- Dusch- und Wasch-Container aufgestellt werden. „Insbesondere die benötigten Waschmaschinen waren so schnell nur über den Großhandel zu bekommen“, erinnert sich Meier. „Das war schon eine tolle Gemeinschaftsleistung. Da haben alle Hand in Hand gearbeitet“, lobt Martin Meier seine Leute vom DRK und die Kollegen von der Johanniter Unfallhilfe. Dieses Lob bekamen die ehrenamtlichen Helfer auch von den Stadt- und Feuerwehr-Spitzen zu hören, die sich am 22. Juli vor Ort ein eigenes von der Lage Bild machten.

„Die Flüchtlinge waren anfangs sehr ängstlich. Man musste ihnen sogar den Becher Wasser in die Hand drücken, damit sie überhaupt etwas tranken“, erinnert sich Meier. Das galt auch für das Marzipan, das als Spende einer Nachbarin an die Kinder verteilt wurde. Vor der ersten Mahlzeit in der Erstaufnahmestelle, verteilten die für die Verpflegung der Flüchtlinge und der Einsatzkräfte verantwortlichen Leute vom DRK an jeden Flüchtling sein eigens Geschirr, das die Flüchtlinge selbst spülen und während ihres Aufenthaltes an der Lehnerstraße bei sich halten müssen.
„Die Flüchtlinge essen viel Weißbrot, aber kein Grau- oder Schwarzbrot. Zum Frühstück und zum Abendessen gibt es neben Weißbrot Kaffee, Tee, Wasser, Käse, Butter und Marmelade. Auch beim Mittagessen setzten wir in Zusammenarbeit mit einem Caterer auf vegetarische Lebensmittel, wie Suppe, Kartoffeln, Kohl und Salat, weil 80 Prozent der Flüchtlinge Muslime sind und deshalb kein Schweinefleisch essen“, gibt der 34-jährige Kreisbereitschaftsleiter des DRKs einen Übersicht der Verpflegungslage.

Aber auch die deutsche Bürokratie fordert ihr Recht. Um alle Flüchtlinge erfassen und ihre jeweilige Ausgangssituation für die Bezirksregierung dokumentieren zu können, haben DRKler und Johanniter in einem Schulbüro eine Einsatzleitstelle eingerichtet, um für jeden Neuankömmling eine Personalakte anlegen zu können. Außerdem musste bei einer ersten Sichtung festgestellt werden, wer welche medizinische Hilfe braucht. Mit einem Mannschaftswagen wurden behandlungsbedürftige Flüchtlinge ins Krankenhaus oder zum Arzt gebracht.
Je nach Möglichkeit verständigen sich Betreuer und Betreute mit Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch oder auch mit Händen und Füßen. „Wir haben Gott sei Dank drei Helfer mit arabischen Wurzeln und entsprechenden Sprachkenntnissen in unseren Reihen“, freut sich Meier.
Zur ehrenamtlichen Betreuung gehört es auch, mit den Kindern der Flüchtlingsfamilien auf dem Schulhof Fußball und Tennis zu spielen oder mit Kreide kleine Gemälde aufs Schulhofpflaster zu zaubern. „Die Kinder und Jugendlichen können ja nicht den ganzen Tag auf ihren Betten in der Turnhalle liegen“, meint Meier.

Als Vorteil empfindet der Kreisbereitschaftsleiter die Tatsache, „dass wir zurzeit Schulferien haben, so dass die Flüchtlinge zumindest für zwei oder drei Wochen in der Turnhalle untergebracht werden können und viele unserer jungen Helfer schulfrei haben.“ Ältere Kollegen, wie der 34-jährige Außendienstmitarbeiter müssen ihren ehrenamtlichen Einsatz vor oder nach der Arbeit leisten oder sich auch Urlaub nehmen.
Meier sieht es pragmatisch: „Wer sich beim Roten Kreuz engagiert, weiß, dass neben den Rettungs- und Sanitätsdiensten, eben auch diese humanitäre Betreuung zu unseren Aufgaben gehört.“ 

Dieser Text erschien im DRK-Magazin vom August 2015

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