Die Parallelstraße der Bahnstraße erinnert mit ihrem Namen seit 1972 an Heinrich
Melzer. Damals 54 Jahre alt, wurde Melzer am 12. August 1945 von den 1500
Gründungsmitgliedern im Speldorfer Tengelmannsaal zum ersten Kreisvorsitzenden
des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes gewählt. Aus dem Freien wurde später
der Deutsche Gewerkschaftsbund.
Melzers Leben, das am 25. September 1890
in Mülheim begann und am 1. März 1967 dort enden sollte, war ein Lehrstück
dafür, dass Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit keine
Selbstverständlichkeiten sind, sondern erkämpft und verteidigt werden
müssen.
Schon als Volksschüler musste er als Feld- und Hilfsarbeiter zum
Lebensunterhalt seiner zehnköpfigen Familie beitragen. Nach der Schule lernte er
das Handwerk des Kesselschmieds und trat 1907 dem Fabrikarbeiterverband bei.
Nach dem Ersten Weltkrieg, den er als Marinesoldat überlebte, wurde er in den
Arbeiterrat der Thyssen-Werke gewählt und 1922 zum Geschäftsführer der Freien
Deutschen Arbeiterunion bestellt. Nach der Machtübernahme Hitlers wurden die
freien Gewerkschaften 1933 zerschlagen. Heinrich Melzer verlor seine soziale
Existenz und floh nach Holland. Doch dann kehrte er zurück, um gegen Hitler zu
kämpfen. Die Folge: Verhaftung, Verurteilung, KZ-Haft, Zuchthaus und
Zwangsarbeit beim Bau des Westwalls.
Doch nach dem Einmarsch der
Amerikaner am 11. April 1945 bekam Melzer eine zweite Chance. Die britische
Militärregierung berief den parteilosen, aber der KPD nahestehenden
Gewerkschafter in ihren Bürgerausschuss und in die spätere
Stadtvertretung.
Als erster DGB-Chef der Jahre 1945 bis 1954 kämpfte
Melzer für die Stärkung der Einheitsgewerkschaften, für betriebliche
Mitbestimmung und für eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft. Auch die
Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ wurde schon bei der ersten
Nachkriegs-Maikundgebung im Jahr 1946 erhoben. Nicht durchsetzen konnte sich
Melzer mit der Forderung einer Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien.
Dieser Text erschien am 12. August 2015 in NRZ und WAZ
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