Simon Ahls |
Er fällt auf, weil er immer so freundlich ist. Man trifft Simon Ahls an drei Tagen der Wochen an einer der acht Kassen im Edeka-Paschmann-Markt des Forums. Für jeden Kunden, dessen Waren er über den Scanner zieht, hat er einen freundlichen Blick und ein freundliches Wort übrig. Zwischen Kotelett, Käse, Gemüse und Milch entwickelt sich schnell ein kleines Gespräch, wenn Ahls an der Kasse sitzt: „Na, was gönnen Sie sich den heute Leckeres zum Abendessen?“ „Und, haben Sie auch ihren Schlüssel dabei, den Sie in der letzten Woche bei uns vergessen hatten?“ „Ist die Torte für den Besuch Ihrer Enkel, die Sie am Wochenende erwarten?“
Manchmal hat man den Eindruck, dass Ahls seine Kunden alle persönlich kennt. Kaum möglich. Denn in einer Kassenschicht rauschen schon mal 600 Kunden an ihm vorbei. Und der Mann an der Edeka-Kasse sitzt erst seit März dort. „Viele Gesichter merkt man sich aber doch irgendwie und viele Kunden merken sich auch mein Gesicht“, erzählt Ahls. Wenn er selbst mal in der Stadt unterwegs ist, im Straßenzivil, statt in der schwarzen Edeka-Kluft, wird er oft angesprochen. „Arbeiten Sie nicht im Supermarkt? Ich komme jetzt immer zu Ihnen an die Kasse, weil Sie so freundlich sind“, bekommt er dann schon mal zu hören. Solches Lob freut Simon Ahls, ohne dass er sich zu viel darauf einbilden würde.
„Es zeigt mir nur, dass ich meine Arbeit gut mache und mein Chef mit mir zufrieden sein kann“. sagt Ahls. Wenn man Ahls an der Kasse sitzen sieht oder er mal ein Regal ein- oder ausräumt und dann einem älteren sehbehinderten Kunden beim Einkauf assistiert, gewinnt man den Eindruck: Der Mann hat seinen Traumjob gefunden. Denn seine kundenorientierte Freundlichkeit fällt ihm offensichtlich nicht schwer. Sie wirkt selbstverständlich und nicht aufgesetzt. „Wenn man sich freundlich mit den Kunden unterhält, kommt unheimlich viel Dankbarkeit zurück und die Arbeitszeit vergeht schneller und angenehmer, als wenn man die ganze Zeit missmutig an der Kasse säße“, schildert Ahls seine Berufserfahrung. Die Arbeit macht ihm dann „am meisten Freude, wenn der Laden läuft und ein Kunde nach dem anderen kommt.“ Und wenn ein Miesepeter an seiner Kasse vorbeikommt, „dann bin ich zu dem besonders freundlich und bringe ihn damit aus dem Konzept“, sagt Ahls mit einem schalkhaften Lächeln.
Doch manchmal wundern sich seine Kunden über ihn, weil sie ihren Lieblingskassierer nur an drei Tagen in der Woche im Supermarkt antreffen. Simon Ahls ist kein gelernter Einzelhandelskaufmann, sondern eine ungelernte Aushilfskraft, die sich an der Supermarktkasse ihr Studium finanziert. „Ich studiere Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Statistik und möchte später mal als Meinungsforscher arbeiten“, erzählt Ahls. Und wenn es mal mit der Meinungsforschung nicht so klappen sollte, wie er sich das wünscht, könnte er sich dann bei seinem Naturtalent auch ein Berufsleben im Einzelhandel vorstellen?“ Ahls denkt einen Moment nach und meint dann: „Wenn dann nicht als Angestellter, sondern als Unternehmer!“
Der Politikstudent, der sich neben seinem Studium nicht nur bei Edeka-Paschmann an der Kasse, sondern auch bei den Jungen Liberalen in der FDP engagiert, glaubt an den eigentümergeführten Einzelhandel, wie er ihn in kleinen Fachgeschäften oder auch in den eigentümergeführten Edeka-Märkten erlebt. „Wenn ein Unternehmer als Person hinter einem Geschäft steht, sorgt das automatisch für mehr Qualität und Kundenbindung“, ist der liberale Politik-Student mit Markt-Erfahrung und Smartphone überzeugt.
Auch wenn er zugibt, selbst auch schon mal ein Ersatzteil für sein geliebtes Aquarium im Internet gekauft zu haben, „weil es dort billiger war“, versichert er, dass er in der Regel in Fachgeschäften einkauft. Trotz Discount und Internethandel, sieht Ahls inzwischen bei vielen Menschen wieder den Trend zum gutberatenen Einkauf im Fachgeschäft, „weil viele Menschen mit dem unpersönlichen Einkauf im Internet und in Großmärkten nicht nur gute Erfahrungen gemacht haben.“
Und warum braucht ein Politikwissenschaften studierender Supermarktkassierer Aquarium-Ersatzteile aus dem Internet? „Weil mich der Anblick von Fischen, die in einem Aquarium herumschwimmen schon als kleiner Junge immer enorm beruhigt hat“, verrät Ahls augenzwinkernd das Geheimnis seiner Gelassenheit.
Dieser Text erschien am 22. August 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung
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