Mittwoch, 18. Januar 2017

Mann feiert, Frau auch: Warum die Prinzengarde mit ihrer Herren- und ihrer Mädchensitzung eine närrische Erfolgsgeschichte schreibt

„Im Karneval wird doch gesoffen und herumgehurt!“ Solche Attacken auf den Karneval kennen Angelika Rudoba und Johannes Terkatz, die sich zusammen mit dem Präsidenten Heino Passmann um die Organisation der Herren- und der Mädchensitzung kümmern. Sie können über solche Vorurteile nur lachen und laden alle Karnevalskritiker ein, einfach mal mitzufeiern oder noch besser mitzuarbeiten, wenn die Roten Funken ihre Herrensitzung und ihre Mädchensitzung auf die Beine stellen.

Auch wenn das leicht bekleidete Nummerngirl natürlich der Höhepunkt der Herrensitzung ist und die Jungs im Saal schon auf Heino Passmanns Ansage: „Der Präsident hat Durst“ warten, weil dann das wirklich sehenswerte Nummerngirl auf die Bühne tanzt und dem Präsidenten ein alkoholfreies Bier serviert.

Denn während die Jungs im Saal ein alkoholhaltiges Bierchen nach dem anderen, nebst Mettwurstbrötchen und Frikadelle genießen, muss der Präsident nüchtern bleiben, um den roten Faden in der Herrensitzung der Roten Funken zu behalten.

Das gilt auch für seine Vereinskolleginnen Nadine Kamps und Melina Strzechowski, die sich als Präsidentinnen der Mädchensitzungen ihr alkoholfreies Bühnengetränk von einem knackigen Nummernboy kredenzen lassen, während ihre närrischen Schwestern im Saal eher zum Sekt mit Bockwürstchen und Frikadelle neigen.

Wie kommt man eigentlich an ein Nummerngirl oder einen Nummernboy, der den Damen oder die den Herren im Saal fast alles zeigt? „Wir arbeiten mit einer Künstler- und Eventagentur zusammen und schauen uns vorab die Fotos der potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten an“, berichten Rudoba und Johannes Terkatz. Neben den Profis stehen auch so manche Hausfrau oder so mancher Student in der Kartei der Agentur, die sich ihr Einkommen aufbessern wollen.

Sie geben zu, „dass wir damit auch schon mal einen Reinfall erlebt haben.“ Denn Bilder sagen manchmal doch nicht mehr als 1000 Worte, wenn sie nicht mehr ganz aktuell sind oder die Traumboys und Girls einfach einen schlechten Tag erwischt haben.

„Ein gutes Nummerngirl oder ein guter Nummernboy sollen das Publikum anheizen und animieren, gleichzeitig aber auch ein gewisses ästhetisches Niveau bewahren“, sagt Rudoba. Erstaunt stellt sie immer wieder fest, „dass die Mädchen oft enthemmter und besitzergreifender feiern und mitgehen, als sich die Jungs das überhaupt trauen würden.“

Die Herrensitzung, die die Funken und ihre jecken Männer am morgigen Sonntag bereits zum neunten Mal im Dümptener Autohaus Extra feiern, ist ein absoluter Publikumsmagnet. „Wenn die Herrensitzung zu Ende ist, kaufen die Jungs schon die Karte fürs nächste Jahr. Deshalb ist unsere Herrensitzung mit 350 Gästen auch schon ausverkauft“, erzählt Angelika Rudoba.

Die Mädchensitzung, die ebenfalls im Dümptener Autohaus Extra an der Fritz-Thyssen-Straße 6 gefeiert wird, geht am kommenden Samstag, 21. Januar, um 19 Uhr, erst zum zweiten Mal über die Bühne. „Im letzten Jahr hatten wir 180 Mädchen im Saal. Jetzt sind immerhin schon 200 von 350 Eintrittskarten verkauft“, berichtet Funken-Frau Angelika Rudoba.

„Wir haben einfach festgestellt, dass das Format der Herren- und Mädchensitzung heute gefragter ist, als unsere frühere Altweibersitzung. Männer und Frauen wollen einfach mal ungezwungen unter sich feiern und dabei über ein- und zweideutige Witze lachen, bei denen das andere Geschlecht sein Fett weg bekommt“, erklärt der 2. Vorsitzende der Prinzengarde Rote Funken, Johannes Terkatz, der als SPD-Stadtverordneter auch politisch ein Roter Funke ist.

Und so lästert Manni, der Rocker bei der Herrensitzung über „meine Olle“ und Putz-Frau Schalupke bei der Mädchensitzung über „meinen Ollen.“ Dabei nehmen die Jungs das Wort Herrensitzung wörtlicher als die Mädchen, die bei der Mädchensitzung auch gerne mal zur Polonaise aufbrechen und eindeutig kostümierungsbereiter sind als die närrischen Herrn der Schöpfung. „Dafür haben die Jungs deutlich mehr Sitzfleisch und gönnen sich auch nach der Sitzung noch das eine oder andere Bier und klönen miteinander“, weiß Angelika Rudoba. Und dann gibt es da natürlich auch noch einen anderen, kleinen, aber entscheidenden Unterschied:

Bei der Herrensitzung bedienen die Funken-Frauen und bei der Mädchensitzung die Funken-Männer.


Dieser Text erschien am 14. Januar 2017 in NRZ/WAZ

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