Noch bevor die Geschäfte im Rhein-Ruhr-Zentrum öffnen, ist Haustechniker
Christian Wolff dort schon unterwegs. Sein Arbeitstag beginnt um 7 Uhr.
Er läuft und läuft und läuft. Zunächst geht es von einem Aufzug zum
nächsten. Ist jeder Lift fahrtüchtig? Funktioniert der Notruf? Die 70.000
Quadratmeter des Einkaufszentrums und die 200.000 Quadratmeter des Grundstücks
kennt der gelernte Energieanlagenelektroniker nach über 25 Jahren, wie seine
Westentasche. Bevor der gebürtige Mülheimer 1990 in seine Heimat zurückkam,
arbeitete er als Haustechniker für eine deutsche Hotelkette in
Kassel.
Was beim Rundgang durchs Einkaufszentrum überrascht, sind die
kilomterlangen Wirtschafts- und Versorgungsgänge, die der normale Besucher des
1973 eröffneten Rhein-Ruhr-Zentrums nie zu sehen bekommt. Sie wirken, wie eine
Mall hinter der Mall.
Manche Türen kann Wolff mit
seinem Schlüssel öffnen. Andere öffnen sich nur, nachdem er einen bestimmt
Tastencode eingegeben hat. Hinter den Türen im Backstage-Bereich des
Rhein-Ruhr-Zentrums verbergen sich Technik- und Lagerräume der jeweiligen
Geschäfte. Praktisch. Der Hintereingang der Läden ist nur wenige Schritte von
der Eingangstür ihres Lagers entfernt.
In den technischen Räumen befinden
sich Versorgungsanlagen und Leitungen, große Wasserpumpen, Reservetanks und
Wasserbecken. Im Notfall sollen bis zu 120?000 Wassersprinkler dafür sorgen,
dass im Rhein-Ruhr-Zentrum nichts anbrennt.
Zusammen mit einem Kollegen
überprüft Wolff an diesem Tag die Funktionsfähigkeit und den Druck in den
Wasserleitungen, die Wasserpumpen und Ventile, die im Notfall das Schlimmste
verhindern sollen.
Stimmt der Druck in den Wasserleitungen? Haben die
Stromleitungen die richtige Spannung? Das überprüft Wolf zum Beispiel mit
Probeventilen und ihren Druckanzeigern oder mit seinem Spannungsmesser, der auf
den Laien wie ein leuchtender Kugelschreiber wirkt. Auch welcher Schalter,
welche Glasfaserleitung, oder welcher Leuchtknopf zu welcher Anlage gehört,
erschließt sich nur dem technischen Profi, der im Zweifel auf Schaubilder und
Lagepläne zurückgreifen kann.
Heizungs- und Lüftungsanlagen wollen ebenso
gecheckt werden, wie Notstromaggregate und Brandmeldeanlagen oder die
Lautsprechanlage. Unter einem der Glasdächer des Rhein-Ruhr-Zentrums müssen
defekte LED-Leuchten ausgetauscht werden. Mit einem Hubwagen geht es in die
Höhe. Gleich merkt sich Wolff die Leuchten für seine nächste Materialbestellung
vor.
Aber auch am Boden der Mall muss der Haustechniker an einem
Ladenlokal, dessen Fassade neu gestaltet wird, einen Blick darauf werfen, ob bei
den Schleifarbeiten auch die Brandschutzbestimmungen eingehalten
werden.
„Bis 2006 haben wir Haustechniker Ladenlokale auch schon mal
selbst umgebaut. Doch das machen wir seitdem aus versicherungstechnischen
Gründen nicht mehr“, erzählt Wolff.
Auch außerhalb
des Rhein-Ruhr-Zentrums müssen Wolff und seine sechs Kollegen von der
Haustechnik nach dem Rechten schauen. Vor allem in den Ladehöfen ist
Seelenmassage und Augenmaß gefragt, damit jede Fracht möglichst schnell und
reibungslos dort landet, wo sie hin muss. „Die Kraftfahrer stehen heute unter
einem enormen Zeitdruck“, weiß Wolff. Und zwischendurch beantwortet er bei
seinem Gang durch die Einkaufspassagen noch die eine oder andere Kundenfrage:
„Wo ist hier die nächste Toilette? Und wo geht es bitte zur
Nordsee?“
Ganz nebenbei prüft er noch einige Brandschutztüren, die völlig
unauffällig wie Vorhänge an den Mallseiten eingelassen sind und im Notfall die
Ausbreitung der Flammen stoppen können. An diesem Tag wird der Haustechniker
Gott sei Dank von jedem Notfall verschont, muss weder Erste Hilfe leisten noch
die Handhabung eines Feuerlöschers erklären und testen.
Dieser Text erschien am 20. Februar 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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