Sonntag, 28. Februar 2016

Unterwegs im Namen des Herrn: Ein Tag mit Pfarrerin Katrin Schirmer ist so bunt wie das Leben: Bürokratie am Morgen. Beisetzung am Mittag. Konfirmanden am Nachmittag und ein Taufgespräch am Abend


Pfarrerin Katrin Schirmer (rechts) hier im Haus der Evangelischen
Kirche an der Althofstraße bei einer Besprechnung mit der für
ihr Kirchengemeinde zuständigen Verwaltungsmitarbeiterin
Corinna Seven.
Beten, segnen, predigen – und noch viel mehr. Pfarrerin Katrin Schirmer ist seit 15 Jahren als Pfarrerin für den evangelischen Gemeindebezirk Speldorf Mitte und seine 2400 Kirchenmitglieder zuständig. Doch das beschreibt ihre Verantwortung nur zum Teil. Denn mit ihren Kollegen Matthias Göttert und Alexandra Cordes, teilt sich die 48-Jährige die Gesamtleitung der 5700 Mitglieder zählenden Gesamtgemeinde Speldorf. Wir haben sie eine Arbeitstag begleitet.
Um 10.30 Uhr beginnt er mit einer Besprechung in der evangelischen Kirchenverwaltung an der Althofstraße. Denn als dessen Vorsitzende muss Schirmer die konstituierende Sitzung des neuen Presbyteriums vorbereiten. Bevor es so weit ist, reicht ihr die zuständige Verwaltungsmitarbeiterin des Kirchenkreises, Corinna Seven, einen Aktenordner voller Schriftstücke, die sie als Pfarrerin und Presbyteriumsvorsitzende zu unterschreiben hat. Das Spektrum reicht von einer Urlaubsgenehmigung bis zur Handwerkerrechnung für die Erneuerung einer Schrankwand im Gemeindehaus. Dann geht es weiter mit der Tagesordnung der Presbyteriumssitzung.

Vorab muss noch ein Termin für die Begehung der gemeindeeigenen Immobilien gefunden werden. Wo besteht Reparaturbedarf? Außerdem wollen die Presbyter über den Sachstand beim geplanten Verkauf des aufgegebenen Gemeindezentrums am Brandenberg und über die laufende Generalüberholung der Orgel in der Lutherkirche informiert werden. „Ich verstehe mich als Seelsorgerin, die den Menschen Gottes frohe Botschaft verkünden möchte. Trotzdem verbringe ich mindestens ein Drittel meiner Arbeitszeit mit Verwaltungstätigkeit, für die ich gar nicht ausgebildet bin“, schildert Schirmer ihre Situation. Weil viele der Nicht-Theologen im Presbyterium beruflich eingespannt sind und keinen Freiraum für Vormittagstermine haben, bleibt der arbeitsintensive Presbyteriumsvorsitz meistens am Pfarrer oder an der Pfarrerin hängen.

"Es gibt in meinem Beruf keine Routine, aber meine Lebenserfahrung hilft mir!" sagt Katrin Schirmer


Von der Althofstraße fährt Schirmer zur Friedhofstraße. Ihr Talar liegt schon griffbereit im Kofferraum. Schirmer und die Hinterbliebenen begleiten eine 91-jährige Frau auf ihrem letzten Weg zur Beisetzung. Sohn und Enkelin tragen die Urne. Schirmer spricht an der Beisetzungsstätte das tröstende Jesu-Wort: „Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.“
Auch wenn es bei der Trauer- und der in diesem Fall bereits vorangegangenen Krankenhausseelsorge für Schirmer keine Routine gibt, hat sie den Eindruck, dass ihre wachsende Lebenserfahrung bei der trauerpastoralen Arbeit hilft, den richtigen Ton zu treffen oder im richtigen Moment einfach nur zu schweigen und Trauer mit auszuhalten. „Wenn Sie die Mutter einer Konfirmandin beerdigen müssen, gibt es keinen Trost.“

Beim Zwischenstopp im Gemeindebüro, das Essen muss warten, nimmt die Pfarrerin noch schnell zwei Anfragen für ein Taufgespräch und einen Geburtstagsbesuch mit. Weiter geht es zum Konfirmandenunterricht. Mit 27 13- und 14-Jährigen probt Schirmer dort den Vorstellungsgottesdienst. 

„Bitte, etwas lauter und nicht so schnell sprechen und bevor ihr zur Seite abgeht noch einmal geradeaus auf die Gläubigen im Kirchenschiff schauen“, empfiehlt sie den Jugendlichen beim Vortragen der Fürbitten und eines kleinen Szenenspiels rund um das Thema Beten. Mit einer Seilwinde kurbeln die Konfirmanden einen Pappschlüssel in die Höhe. Er soll bei ihrem Vorstellungsgottesdienst die Gebetsanliegen in Form kleiner Klebezettel emportragen. 
Dann spricht sie noch mit Orgelbauer Stephan Oppel, der  auf der Empore an der Reinigung und Restaurierung der Orgel arbeitet. „Bis Ostern sind wir fertig“, versichert er. Schirmer ist sichtlich erleichtert. Abends fährt sie noch zu einem jungen Elternpaar, das seine Tochter und seinen Sohn taufen lassen will. Schirmer nimmt sich viel Zeit. Sie spricht mit dem Paar über Taufspruch, Taufkerze und Taufzeremonie, aber auch über bisherige Kirchenerfahrungen und das Gemeindeangebot für Kinder und Jugendliche. Um 21.30 Uhr geht ihr Arbeitstag zu Ende.

Dieser Text erschien am 27. Februar 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung

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