Montag, 22. Mai 2017

Ich fahre, also bin ich

Wer bin ich? Das ist eine wahrhaft philosophische Frage, mit der man manchmal unverhofft konfrontiert wird, etwa, wenn man mit Bus und Bahn unterwegs ist und plötzlich von der Seite angesprochen wird: „Ihre Fahrkarte, bitte?“

Kein Problem! Ich habe ja mein Monatsticket dabei. Darauf steht mein Name und meine Kundennummer. Das müsste doch reichen. Von wegen. Wir sind in Mülheim. Hier muss alles seine Ordnung haben. Schließlich könnte ja jeder mit meinem Namen und mit meinem Monatsticket daherkommen. „Können Sie sich ausweisen?“ Nein, kann ich nicht. Mein Personalausweis liegt zu Hause. Da liegt er gut. Der gewissenhafte MVG-Mitarbeiter bringt mich zum Grübeln. Ich dachte, ich sei einmalig und mein Name stünde für sich. Statt dessen muss ich erkennen, dass ich nur dann zweifelsfrei ich selbst bin, wenn ich mich ausweisen kann. Das muss ich jetzt mit einem Gang zum nächsten Kundencenter der MVG (unter Vorlage eines „Denkzettels“) nachholen. So bringt die MVG auch meine grauen Zellen in Bewegung. „Ich denke, also bin ich“, sagte einst der Philosoph Rene Decartes. Denkste! Aber der Mann lebte ja auch im 17. Jahrhundert.


Dieser Text erschien am 19. Mai 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mensch im Mittelalter

  Die Interessengemeinschaft Hochgotik ließ die Besucherinnen und Besucher auf Schloss Broich ins 13. Und 14. Jahrhundert reisen und kam dam...