Freitag, 14. Mai 2010

Welche Impulse kann der Ökumenische Kirchentag dem Gemeindeleben vor Ort geben: Ein Gespräch mit dem Theologen Gerhard Bennertz


Bis Sonntag treffen sich 120 000 Menschen in München zum zweiten ökumenischen Kirchentag, einige von ihnen kommen auch aus Mülheim. Doch was kann ein solches Großereignis für die Gemeindeleben und die Ökumene vor Ort bringen. Für die NRZ sprach ich darüber mit Pfarrer Gerhard Bennertz. Der Religionspädagoge engagiert sich seit Jahrzehnten für den christlich-jüdischen Dialog.

Welche Impulse kann der Münchener Kirchentag für Mülheim bringen?
Ich erlebe immer wieder, wie Menschen, die von solchen Kirchentagen nach Hause kommen, in ihren Gemeinden das einbringen, was sie auf einem solchen Kirchentag erlebt haben, nämlich das praktische Zusammenleben vor Ort. Man ist bei allen Kirchentagsveranstaltungen gemeinsam mit allen anderen, wobei nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Referenten aus unterschiedlichen Kirchen und Bereichen kommen. Dieses hautnahe Erleben von Gemeinsamkeiten im Glauben ist in vielen Ortsgemeinden sicher noch nicht der Fall. Da tut es gut, wenn Gemeindemitglieder Impulse mit nach Hause bringen und ihren Mitchristen dort zeigen: Es ist schon viel mehr möglich. Dabei ist in vielen Gemeinden das hautnahe Zusammenleben evangelischer und katholischer Christen schon eingetreten, aber oben in der Kirchenspitze noch nicht. Auch hier zeigt der Kirchentag, dass man an der Kirchenspitze aufeinander zugehen und gemeinsam Gottesdienst feiern kann.

Warum tun sich die Amtskirchen so schwer mit dem gemeinsamen Abendmahl?
Für die beiden großen christlichen Kirchen ist das Abendmahl ein Sakrament, das eine Heiligkeitsfunktion hat. Das Problem ist, dass in der katholischen Kirche das Opfer und die Wandlung mehr betont werden, so dass Brot und Wein, dem katholischen Verständnis nach, in der Eucharistie zum Blut und Leib Christi werden. Aber ich sehe und erlebe da einen Bedeutungswandel, nämlich dass man Vergangenes, in diesem Fall das letzte Abendmahl Christi, als gegenwärtig wirksam ansieht und als etwas, das ein Symbol ist. In diese Richtung wird das ökumenische Gespräch auch in den nächsten Jahren gehen. Aber vor Ort ist es schon heute so, dass die Pfarrer nicht mehr alle ihre Schäfchen kennen und nicht unbedingt wissen, wer vielleicht gar nicht mitmachen darf, weil er nicht die Voraussetzungen dafür hat. Das funktioniert heute vielfach nicht mehr, weil die Gemeinden so groß geworden sind. Dieser Weg wird auch weitergehen.

"Damit ihr Hoffnung habt" lautet das Kirchentagsmotto. Wie kann Kirche in einer für sie selbst und für die Gesellschaft schwierigen Situation Hoffnung schöpfen?
Der Kirchentag ist eine globale Zusammenkunft, bei der katholische, evangelische und orthodoxe Christen zusammenkommen und sich am Samstag zu einem orthodoxen Mahl zusammenfinden. Das ist ein Ansatz. Man geht da hin und erlebt, was die anderen machen, die einem selbst noch etwas fremd sind. Und durch dieses Erleben empfindet man dann mehr für das, was der Sinn des anderen ist, so dass man ihn besser verstehen kann. Und das ist auch das, was wir in unserer Welt wollen und erreichen müssen, nämlich die jeweils anderen besser verstehen und mit ihnen reden zu können anstatt aneinander vorbeizureden. Hoffnung im biblischen Sinne heißt: Man fängt jetzt an zu arbeiten und bleibt nicht in seinem Loch sitzen und sagt: "Ist das alles schlimm in dieser Welt."

Dieses Interview erschien am 13. Mai 2010 in der NRZ

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