Kurt Sallner (links) und Guido Möller |
anderer hat sich das Leben genommen oder droht mit einem Suizid. Auf der Autobahn sind Menschen bei einem Unfall schwer verletzt oder getötet worden. Angehörige, Unfallopfer oder Unfallbeteiligte und Unfallverursacher stehen unter Schock. „Zu diesem Schock kommt oft die quälende Frage nach der persönlichen Schuld. Hätten wir, hätte ich das verhindern können“, weiß Möller.
Der 54-jährige Theologe, der in seinem früheren Berufsleben auch als Krankenpfleger gearbeitet hat, gehört seit 2002 zum Team der Notfallseelsorger, das er seit 2007 leitet. Wenn Möller zum Einsatz gerufen wird, ist in der Regel Kurt Sallner als Fahrer und Rettungshelfer in der Not an seiner Seite. Der 47-jährige Bundesbeamte und seine 39 Kollegen aus dem Notfallseelsorgedienst des Deutschen Roten Kreuzes arbeiten ehrenamtlich, neben ihrem Beruf.
Sallner schätzt seinen jährlichen Zeiteinsatz als Fahrer und
Rettungshelfer auf 1500 bis 2500 Stunden. Lange hat er im
Rettungsdienst des Roten Kreuzes mitgearbeitet. Aber irgendwann machte sein Rücken nicht mehr mit. Jetzt leitet er seit 2009 den Arbeitskreis für den Notfallseelsorgedienst. „Mit Kirche habe ich eigentlich nicht viel am Hut. Aber der Einsatz und das Einfühlungsvermögen der Notfallseelsorger haben mich sehr beeindruckt. Ich selbst bin durch meine Mitarbeit im Notfallseelsorgedienst freundlicher und sensibler geworden, achte nicht mehr nur auf mich, sondern auch auf meine Mitmenschen“, erzählt Sallner.
Guido Möller möchte Sallner und seine DRK-Kollegen bei keinem Einsatz missen. „Sie sind für uns Notfallseelsorger, wie unsere rechte und linke Hand, die uns im Ernstfall den Rücken freihält und bei Bedarf weitere Hilfskräfte anfordert“, sagt er. Dass er auf die gut eingespielten und ausgebildeten Strukturen des Notfallseelsorgedienstes zurückgreifen kann, gibt dem Pfarrer im Einsatz die nötige Freiheit und Sicherheit, um sich voll und ganz auf seine Arbeit konzentrieren zu können. Waren die Notfallseelsorger und ihre Begleiter vom DRK, Ende der 90er Jahre, noch mit einem VW-Golf unterwegs, so steht ihnen heute für ihre Einsätze ein Mercedes-Kleinbus zur Verfügung. Mit seiner gemütlichen Sitzecke und seinen abgedunkelten Scheiben bietet dieses Fahrzeug auch bei einem Autounfall auf der Autobahn oder nach einem Hausbrand einen wichtigen Rückzugsort für die Betroffenen. Auch wenn es plötzlich zu gesundheitlichen Komplikationen kommt, weil ein Hinterbliebener plötzlich hyperventiliert oder Anzeichen eines Herzversagens zeigt, haben Sallner und seine Kollegen alle notwendigen Rettungsmittel vom Infusionsbesteck über den Beatmungsbeutel bis zum Automatischen Elektronischen Defibrillator an Bord. Was macht man als Notfallseelsorger in einem Notfall? „Da gibt es keine Routine.
Denn jeder Fall und jede Situation ist wieder anders“,
sagt Guido Möller. Aber im Laufe der Jahre hat er ein Bauchgefühl entwickelt, auf das er sich meistens verlassen kann. „Man muss einfach erspüren, was der Betroffene braucht. Manchmal ist es das Gespräch, manchmal das reine Zuhören oder das gemeinsame Schweigen. Und manchmal hilft es auch, wenn ich uns erst mal eine Tasse Kaffee koche“, erzählt Möller aus seinem Seelsorger-Alltag. Manchmal ist dann auch gleich Kurt Sallner gefordert, etwa, wenn es darum geht, den oder die Betroffenen zu Verwandten zu bringen oder aber Verwandte an den Unglücksort zu holen. Seite an Seite gehen der Notfallseelsorger und sein Begleiter vom Notfallseelsorgedienst durch Dick und dünn. „Da entstehen natürlich auch freundschaftliche Bande, die dazu führen, dass man sich auch ohne viele Worte versteht, auch wenn es gut tut, nach einem gemeinsamen Einsatz bei einer Tasse Kaffee oder einer Portion Pommes noch einmal über das Erlebte zu sprechen.“
sagt Guido Möller. Aber im Laufe der Jahre hat er ein Bauchgefühl entwickelt, auf das er sich meistens verlassen kann. „Man muss einfach erspüren, was der Betroffene braucht. Manchmal ist es das Gespräch, manchmal das reine Zuhören oder das gemeinsame Schweigen. Und manchmal hilft es auch, wenn ich uns erst mal eine Tasse Kaffee koche“, erzählt Möller aus seinem Seelsorger-Alltag. Manchmal ist dann auch gleich Kurt Sallner gefordert, etwa, wenn es darum geht, den oder die Betroffenen zu Verwandten zu bringen oder aber Verwandte an den Unglücksort zu holen. Seite an Seite gehen der Notfallseelsorger und sein Begleiter vom Notfallseelsorgedienst durch Dick und dünn. „Da entstehen natürlich auch freundschaftliche Bande, die dazu führen, dass man sich auch ohne viele Worte versteht, auch wenn es gut tut, nach einem gemeinsamen Einsatz bei einer Tasse Kaffee oder einer Portion Pommes noch einmal über das Erlebte zu sprechen.“
Doch Sallner und Möller lassen auch keinen Hehl daran, dass es, trotz allem Austausch und gegenseitiger Hilfe, immer wieder Situationen gibt, an denen sie mehr als einen Tag zu knacken haben. Möller erinnert sich zum Beispiel daran, dass ihm nach seinem Einsatz bei der Duisburger Love-Parade-Katastrophe mehrere Tage die Stimme wegblieb.
Auch Sallner kennt posttraumatische Belastungsstörungen, die das Leben nach einem schweren Einsatz aus dem Takt bringen können. Doch er weiß auch, dass diese Störungen, eine normale Reaktion der Seele sind, die in der Regel nach wenigen Tagen wieder verschwindet, wenn man das auslösende traumatische Erlebnis in Gesprächen mit den Notfallseelsorgern oder mit erfahrenen Kollegen reflektiert und aufgearbeitet hat. Diese eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse im Rahmen der Fortbildung und der Einsatznachsorge auch an junge Kollegen des Notfallseelsorgedienstes weiterzugeben, um sie so langfristig zu stabilisieren und zu entlasten, versteht dessen Leiter als „Teil meiner Fürsorgepflicht.“
Doch auch wenn ihre gemeinsame Arbeit mit und für Menschen in Lebenskrisen und emotionalen Extremsituationen oft seelisch belastend ist, sehen Kurt Sallner und Guido Möller ihren persönlichen Beitrag „zu dieser gesellschaftlich wichtigen und hoch relevanten Aufgabe“ als unverzichtbar, aber auch als persönlich befriedigend an, weil sie in ihren Einsätzen immer wieder erfahren, „wie sinnvoll unsere Arbeit ist, mit der wir dort sind, wo es brennt und wo wir als Menschen mit unserer ganzen Menschlichkeit gebraucht werden.“
Dieser Text erschien in der Ausgabe 4/2016 des DRK-Magazins
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