Montag, 14. November 2016

Ausstellung beleuchtet Widerstand: Menschen, die gegen Hitler kämpften, werden jetzt bis zum 23. Dezember im Haus der Stadtgeschichte vorgestellt: Der Weg dort hin lohnt sich

Was hätten wir getan? Und was tun wir heute, um uns für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einzusetzen? Diese Fragen stellt Oberbürgermeister Ulrich Scholten mit Blick auf die 25 Portraits der Menschen, die etwas getan haben gegen das menschenverachtende Regime Hitlers. „Die damaligen Ereignisse zeigen uns auch heute noch, wie schnell aus populistischen Schreihälsen Mörder werden können“, sagt der Leiter des Stadtarchivs, Kai Rawe am 9. November, an dem die Ausstellungseröffnung im Haus der Stadtgeschichte an der Von-Graefe-Straße 37 an den 9. November 1938 erinnern will, als auch in Mülheim die Synagoge brannte.

Obwohl die bis zum 23. Dezember zu sehende Ausstellung der Stiftung 20. Juli 1944 und der Gedenkstätte deutscher Widerstand keine Mülheimer Widerstandskämpfer, wie den Offizier Günther Smend, die Stadtverordneten Wilhelm Müller, Otto Gaudig und Fritz Terres oder den katholischen Priester Otto Müller vorstellt, lohnt sich der Weg in die Ausstellung. Sie arbeitet mit kurzen, prägnanten Texten und großen, einprägsamen Fotos und ist so auch für Schüler bestens geeignet. Einfacher geht Geschichtsunterricht nicht, zumal die Ausstellung von einer informativen Internetseite (www.was-konnten-sie-tun.de) flankiert wird.

„Ich mag gar nicht mehr daran denken, aber es gibt ja nichts anderes mehr, als Politik und so lange sie so verworren und böse ist, ist es feige, sich von ihr abzuwenden“, schreibt die 19-jährige Abiturientin und spätere Studentin Sophie Scholl im Kriegsjahr 1940. Drei Jahre später werden sie und ihr Bruder Hans vom damaligen Hausmeister der Uni München der Geheimen Staatspolizei ausgeliefert und später vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet, weil sie in ihrer Hochschule im Zeichen der Weißen Rose Flugblätter verteilten, die die Verbrechen des Nazi-Regimes beim Namen nennen.

Besonders bemerkenswert ist die Ausstellung „Was konnten sie tun?“ aber auch deshalb, weil sie unbekanntere Menschen, als die Geschwister Scholl, die ebenfalls Hitler widerstanden, dem Vergessen entreißt.

Es waren Menschen, wie du und ich, die die Lebensgefahr ihres Tuns erkannten und trotzdem ihrem Gewissen in den Widerstand folgten. Menschen, wie etwa die Berliner Eheleute Elise und Otto Hampel, die 1943 verhaftet, verurteilt und ermordet wurden, weil sie Postkarten mit regimekritischen Botschaften in die Briefkästen ihrer Nachbarn warfen oder wie die 1900 in Lübbecke geborene und 1944 in Berlin ermordete Emmy Zehden in ihrer Wohnung Kriegsdienstverweigerer versteckte oder wie der 21-jährige Bäckergeselle Hanno Günther aus Berlin, der auf handschriftlichen Flugblättern Frieden, Freiheit und Demokratie forderte und dafür 1942 von den Nazis hingerichtet wurde.

Und warum das Attentat auf Hitler ausgeführt werden musste, hat der daran beteiligte Offizier Henning von Treskow 1944 so erklärt: „Das Attentat muss erfolgen, um jeden Preis. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem der Staatsstreich versucht werden. Es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist gleichgültig.“


Günther Smend: Ein Mülheimer Offizier an Claus von Stauffenbergs Seite
Der 1912 geborene und in Mülheim aufgewachsene Günther Smend gehörte als Oberstleutnant zum militärischen Widerstand gegen Hitler. 1943 versuchte er seinen Vorgesetzten, Generaloberst Zeitzler, vergeblich zu überzeugen, sich am Umsturz Hitlers zu beteiligen.

Dieser Versuch wurde dem verheirateten Vater von drei Kindern zum Verhängnis.

Nach dem am 20. Juli 1944 gescheiteren Attentat auf Hitler wurde er in Berlin verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet. 

Dieser Text erschien am 11. November in NRZ/WAZ

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