Sabine Gronek |
Dass sie schon bald in und für Styrum arbeiten würde, hätte die Geisteswissenschaftlerin, die schon diverse befristete Arbeitsverhältnisse als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Projektmanagerin und zuletzt als Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Ruhr-West hinter sich gebracht hat, damals nicht träumen lassen. Doch im Juli 2015 ergab sich die Chance, als für Styrum eine Bildungsnetzwerkerin gesucht wurde.
Bis dahin kannte sie vor allem die gängigen Styrum-Klischees, über den Stadtteil in dem „viele Ausländer leben und in dem es viele soziale Probleme gibt“. Seit sie nun regelmäßig im Stadtteil unterwegs ist, um zusammen mit Kindertagesstätten, Grundschulen, Sportvereinen, Eltern und anderen sozialen Akteuren, gleichermaßen niederschwellige und wirksame Bildungsprojekte auf die Beine zu stellen, hat sie gelernt, „dass dieser Stadtteil, in dem etwa ein Viertel der Menschen eine Zuwanderungsgeschichte hat, viel vielschichtiger ist, als er von außen oft wahrgenommen wird.“
Was ihr bei ihrer Arbeit, die sich etwa zur Hälfte in ihrem Büro in der Feldmannvilla an der Augustastraße und zur Hälfte überall dort in Styrum abspielt, wo sie gemeinsam mit Styrumern Projekte schmiedet, positiv auffällt, ist die Tatsache, „dass es hier unvergleichlich viele Menschen gibt, die sich gerne für ihren Stadtteil engagieren und dabei offen für neue Ideen sind.“
Das merkt Gronek, wenn sie im Ruhrstadion ein Eltern-Kind-Fußballturnier organisiert, Väter und ihre Kinder zu einem Tagesausflug einlädt, zusammen mit Vereinen, Grundschulen und Familienzentren einen Sporttag für kleine Leute auf die Beine stellt oder in der Küche der benachbarten Willy-Brandt-Schule, Styrumer aus allen Generationen und Nationen nicht nur zum gemeinsamen Kochen und Essen, sondern auch miteinander ins Gespräch bringt.
Obwohl ihre Arbeitszeiten keine geregelten Grenzen, aber viele Abendtermine kennen, empfindet sie das berufliche Unterwegssein im Stadtteil nicht als Ochsentour, sondern als belebend und inspirierend, weil sie die Teilnehmer und Zielgruppen ihrer Projekte vom Elternabend über „das liebevolle Grenzen setzen“ über das Mut-Café für Mütter bis hin zum gemeinsamen und generationsübergreifenden Beackern der Oase Unperfekt, einem öffentlichen Garten an der A40, nicht überreden und überzeugen muss, mitzumachen.
„Irgendwie und irgendwo findet sich immer jemand, der zusammen mit mir überlegt: ,Wie können wir diese oder jene Idee Wirklichkeit werden lassen.’“ freut sich die Stadtteil-Koordinatorin. Ihren ersten Mitmacher und Türöffner fand die Styrum-Novizin nach ihrem Einstieg in den Stadtteil in Person ihres Büro-Nachbarn in der Feldmannvilla. „Max Schürmann kennt wirklich jeden und alles in Styrum“, lobt Gronek den langjährigen Leiter der Feldmannstiftung.Die Bürgerbegegnungsstätte erlebt Gronek auch als einen Bildungsort, „weil er vom Puppentheater bis zum Mal- und Geschichtsgesprächskreis spielerisch Bildung ermöglicht und Menschen jeden Alters Freiräume verschafft, in denen sie gemeinsam aktiv werden und sich persönlich weiterentwickeln können.“
Und letztlich ist Gronek auch dann für die Bildungsförderung in Styrum unterwegs, wenn sie an ihrem Schreibtisch in der Feldmannvilla sitzt und zum Beispiel mit potenziellen Sponsoren telefoniert oder Projektkonzepte und Projektberichte schreibt.
Welches Potenzial der bunte und sozial wie kulturell vielfältige Stadtteil hat, wurde der Mutter einer dreijährigen Tochter klar, als sie bei einem Schreib- und Vorlesetag zum Thema Lebensträume mit einer neunjährigen Grundschülerin sprach, die Deutsch, Englisch, Albanisch und Türkisch sprechen konnte und ihr ganz stolz erzählte, dass sie unbedingt Tierärztin werden wolle.
Mit Blick in ihr eigene berufliche Zukunft als Bildungsnetzwerkerin und Stadtteilkoordinatorin sieht Gronek vor allem in den Bereichen Gesundheit und Ernährung ein wichtiges Handlungsfeld. Wie lange sie Bildungsarbeit in Styrum leisten kann, weiß die Erziehungswissenschaftlerin, die ihre Examensarbeit über Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen geschrieben hat, nicht, weil ihre jetzige Stelle zunächst nur bis zum Juli 2018 befristet ist. Doch nach ihren positiven Erfahrungen in den letzten eineinhalb Jahren würde sie gerne auch über den Sommer 2018 hinaus in und für Styrum arbeiten, statt wieder unterwegs zu sein, zur nächsten Arbeitsstelle auf Zeit. „Irgendwann möchte man auch mal ankommen“, sagt Sabine Gronek.
Dieser Text erschien am 26. November 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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