Maik Elbers bei der Arbeit |
Ein Glücksfall
Dass er bei Hemmerles einen neuen Arbeitsplatz fand, an dem „er mit entspannten Chefs zusammenarbeiten kann und fair bezahlt wird,“ sieht der in einer festen Partnerschaft geborgene Familienvater als einen Glücksfall seines Lebens. „Meine Lebenspartnerin sorgt dafür, dass ich abends rechtzeitig ins Bett und morgens wieder herauskomme“, sagt Elbers. Das ist auch dringend erforderlich. Denn der Arbeitstag des Dümpteners beginnt schon um 2 Uhr in der Nacht. Dann steht er zusammen mit Junior-Chef Sven Hemmerle in der Versandhalle der Groß-Backstube an der Neckarstraße im Hafen. Seine Hände sind durch griffige Handschuhe gut geschützt. Denn die Brötchen, das Brot oder die Stuten, die in Kunststoffkörben auf die dort bereitstehenden Rollwagen verteilt werden, kommen frisch aus dem Ofen und sind entsprechend warm. Auch beim schnellen Verteilen und Aufstellen der Versandkörbe könnte sich Elbers ohne Handschuhe schnell die eine oder andere Schramme holen.
Elbers geht die Listen der 13 Hemmerle-Filialen durch und kennzeichnet jede Korb-Rollwagenladung mit dem Namen der jeweiligen Filiale. Um 3.30 Uhr treffen die ersten Fahrer ein. Vier Lieferwagen mit einem Ladegewicht von jeweils 3,5 Tonnen warten an der Rampe, um beladen zu werden.
Maik Elbers packt wieder an. Zehn Rollwagen mit jeweils zehn großen Kunststoffkörben samt leckerem Inhalt verstaut er im Laderaum seines Lieferwagens. Die rollenden Korbtürme und die Kühlwagen mit den Teigrohlingen, die als Brötchen in den Bäckereien frisch aufgebacken werden, werden mit Stangen und Gummiriemen gesichert. „Damit es nachher nicht einen Kuchensalat gibt. Das ist mir einmal passiert, aber nie wieder“, sagt Elbers mit einem spitzbübischen Lächeln.
Er übernimmt an diesem Tag die Innenstadt-Tour, steuert die Filialen am Dickswall, im Forum, an der Leineweberstraße, an der Schloßstraße und an der Zeppelinstraße an. Bis zu seinem Feierabend, kurz nach 11Uhr, wird er diese Tour viermal fahren und dabei rund 80 Kilometer zurücklegen. Außerdem stehen diesmal auch eine Trinkhalle am Max-Planck-Institut, der Senioren-Wohnpark an der Dimbeck und die RWE-Sporthalle auf seiner Fahrt- und Lieferliste. Auch dort werden Brot, Brötchen, Kuchen und Brezeln gebraucht, um Kunden, Bewohner und Teilnehmer eines europäischen Dartturniers zu verpflegen.
In der RWE-Sporthalle muss Elbers länger warten, als ihm lieb ist, weil ein Catering-Mitarbeiter über die Anlieferung offensichtlich nicht informiert ist und sich erst mal durchfragen muss, ob er die 300 Brötchen und 20 Brezeln annehmen und quittieren darf. Elbers bleibt ruhig und freundlich. Der Mann vom Catering bekommt grünes Licht, gibt seine Unterschrift. Und die Tour kann weitergehen.
Eine Kunst für sich
„Durch die Innenstadt zu fahren, ist eine Kunst für sich“, gibt Elbers zu. Man sieht es, je mehr der Morgen voranschreitet. Umso mehr muss der Bäckereifahrer mit seinem bulligen und hinten fensterlosen Lieferwagen an der Schloß- und Leineweberstraße zwischen Fußgängern, Radfahrern, Autofahrern und Außengastronomie rangieren. Nur eine Kamera am Heck des Wagens und ein Monitor neben dem Lenkrad lassen Elbers erkennen, was sich hinter seinem Fahrzeug abspielt. „Einmal habe ich erlebt, dass eine Mutter ihr Kind im Kinderwagen gleich hinter meinem Lieferwagen abgestellt hat und in den Laden gegangen ist, so dass ich den Kinderwagen um ein Haar im Rückwärtsgang angeschubst hätte“, erinnert sich Elbers an eine brenzlige Situation, die Gott sei Dank gut ausging.
Ladefläche öffnen, die Rollwagen mit den Körben und die Kühlwagen mit den Teigrohlingen über eine kleine Rampe aus dem Lieferwagen und dann in die Bäckerei bugsieren. Einsteigen, aussteigen, weiterfahren. Das wiederholt sich im Minutentakt. Besonders sehenswert ist, wie Elbers gleich zwei Rollwagen, je einen mit einer Hand durch die engen Gänge hinter den Verkaufsräumen hindurch laviert und nebenbei von den Verkäuferinnen mit Fragen, wie: „Hast du den Pflaumenkuchen und das Schwarzbrot mitgebracht?“ konfrontiert wird. Aber auch kleine Streicheleinheiten, wie: „Schön, dass du da bist“ oder „du bist der Beste“ bekommt der Fahrer zu hören und freut sich darüber. Man glaubt ihm sofort, wenn er sagt: „Wer diese Arbeit macht, braucht keinen Sport mehr zu machen.“
Dabei ist Borussia-Dortmund-Fan Maik Elbers eigentlich ein sportlicher Typ. Früher hat er bei Dümpten 13 und dem DTV selbst aktiv Fußball gespielt und sich bis ins letzte Jahr als Jugendtrainer beim RSV engagiert. Doch das hat er inzwischen, auch mit Rücksicht, auf seine Arbeitszeiten, sechs Tage die Woche von 2 bis 11 Uhr, aufgegeben.
Doch Elbers hadert nicht. „Jeder muss arbeiten und seine Kosten bestreiten. Ich bin kein Typ, der zwischen 7 und 16 Uhr im Büro sitzen könnte. Ich muss anpacken und körperlich arbeiten, damit ich am Ende des Tages weiß, was ich gemacht habe“, sagt Elbers. Und wenn er sich mit Lebengefährtin und Kindern einen gemütlichen Abend vor einem freien Tag, einen Urlaub oder das erfrischende Bad im eigenen Swimmingpool gönnt, weiß der Familienvater und Bäckereifahrer, dass sich sein Einsatz lohnt.
Dieser Text erschien in der Neuen Ruhr Zeitung vom 17. September 2016
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