Wenn meine beiden Schwestern und ich früher schon mal eine Imbissstätte (was für ein Wort) aufsuchen durften, um uns mit Pommes Frittes und Würstchen zu laben, war das für uns ein Feiertag. Damals galt das ungeschriebene Gesetz: Gegessen wird entweder direkt im Imbisslokal oder zuhause. Letzteres bedeutete: Man ließ sich seinen Imbiss einpacken und machte, dass man heimwärts kam, um möglichst schnell wieder auspacken und losschlemmen zu können. Beide Varianten waren für uns Kinder ein echtes Abenteuer.
Heute erlebe ich ganz andere kulinarische Abenteuer, wenn ich zu Fuß oder mit Bus und Bahn unterwegs bin. Dann sehe und rieche ich überall Menschen, die im Laufen, Gehen, Fahren und Sitzen essen und trinken, was das Zeug hält.
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ich komme aus dem Haus und muss gleich einem Eisesser ausweichen, der seine Eiskugeln kaum in den Griff bekommt. Ich warte an der Haltestelle neben einem jungen Mann, der mal eben seine Mega-Pizza-Pappe öffnet und neben Pizza-Stücken auch noch schnell eine Limonade verinnerlicht.
Und dann geht die Stadtrundfahrt a la Card mit einer jungen Dame weiter, die im Bus mir gegenübersitzt und gut beschallt ein stark gewürztes asiatisches Nudelgericht verdrückt, während ein junger Mann, zwei Sitze weiter, einen mit Fleisch und Salat überfüllten Döner Kebab aus seinem Aluminiumpapier heraus pellt.
„Na, dann; Guten Appetit!“ denke ich und bin froh, als ich später wieder in meinem stillen Kämmerlein bin. Hier genieße ich in aller Ruhe Mineralwasser und Kaffee. Denn nach meiner Stadtrundfahrt a la card ist mir der Appetit auf mehr vorerst vergangen.
Dieser Text erschien am 2. Juli 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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