Psychiatrie? Um Gottes Willen! Das ist doch ein Randthema. Meint man und irrt. Denn die Europäische Kommission hat festgestellt, dass 27 Prozent der Erwachsenen in der Europäischen Union mindestens einmal in ihrem Leben psychisch erkranken. Schon heute sind psychische Störungen die Hauptursache für Frühverrentungen und Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Trotzdem. Psychiatrie bleibt ein Tabuthema, zumal wenn es um Gewalterfahrungen in der Psychiatrie geht. Dennoch fasste man jetzt am St. Marien-Hospital im Rahmen einer Aktuellen Medizinischen Stunde genau dieses heiße Eisen an. Den Anstoß dazu hatte die Redaktion der Patientenzeitschrift "Datt is irre" geliefert, die der Gewalt in der Psychiatrie eine ganze Ausgabe gewidmet hatte. Die Patientenzeitschrift besteht seit 16 Jahren und wird von den Caritas Sozialdiensten betreut. Ihre Redaktion trifft sich montags um 15 Uhr im Katholischen Stadthaus an der Althofstraße 8.
Neben Redaktionsmitgliedern gehörten auch Patienten und Angehörige mit Psychiatrieerfahrung zu den 40 Gesprächsteilnehmern, die sich mit dem Chefarzt der Psychiatrischen Abteilung des St. Marien-Hospitals, Rudolf Groß und seinem Oberarzt Edwin Saxler über Gewalt in der Psychiatrie unterhielten. Nicht nur Birgitta Becker und Winfried Pasch, die als hauptamtliche Mitarbeiter der Kontakt- und Beratungsstelle die Redaktionsarbeit koordinieren, waren von "der erstaunlichen Offenheit" positiv überrascht, mit der sich die beiden Mediziner dem Tabuthema stellten. Von Abwiegelung keine Spur.
In der Diskussion wurde deutlich: Gewalt in der Psychiatrie ist eine sehr subjektive Erfahrung, die viele Gesichter hat. "Man fühlt sich oft der Willkür ausgeliefert", sagte eine Patientin mit 25 Jahren Psychiatrieerfahrung und ärgerte sich zum Beispiel darüber, dass ihr in der geschlossenen Psychiatrie zum Beispiel der Wunsch nach einer Pizza verweigert worden sei und das man ihr Pflaumen abgenommen habe, die ihr von einem Besucher mitgebracht worden waren. Eine andere Patientin forderte die Wahlfreiheit für Patientinnen, die bei der intimen Körperhygiene frei entscheiden müssten, ob sie von einer Pflegerin oder von einem Pfleger betreut werden wollten. Groß ließ keinen Zweifel daran, dass es er bereits für einen sexuellen Übergriff hielte, wenn eine Patientin gegen ihren Willen im Intimbereich von einer männlichen Pflegekraft gepflegt würde. "Selbst wenn ein Patient zu seinem eigenen Schutz fixiert werden muss, ist das ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit", räumte der Chef-Psychiater des Marien-Hospitals ein und betonte: "Wir müssen auf jeden Fall mit dem Patienten im Gespräch bleiben und mit ihm aufarbeiten, wie er welche Maßnahmen empfunden hat." Insofern nahm Groß aus dem Gespräch mit Redakteuren, Patienten und Angehörigen vor allem die Anregung mit, die posttherapeutische Aufarbeitung individueller Psychiatrieerfahrungen mehr Raum zu geben "und sie noch stärker als bisher zu institutionalisieren." Erstaunlich offen sprach Groß auch die subtilen Formen von Gewalt an, sei es in Form einer abfälligen Bemerkung über Patienten oder auch durch fehlende Zeit- und Personalkapazitäten für eine betreuten Ausgang von Patienten.
In der Diskussion wurde deutlich: Gewalt in der Psychiatrie ist eine sehr subjektive Erfahrung, die viele Gesichter hat. "Man fühlt sich oft der Willkür ausgeliefert", sagte eine Patientin mit 25 Jahren Psychiatrieerfahrung und ärgerte sich zum Beispiel darüber, dass ihr in der geschlossenen Psychiatrie zum Beispiel der Wunsch nach einer Pizza verweigert worden sei und das man ihr Pflaumen abgenommen habe, die ihr von einem Besucher mitgebracht worden waren. Eine andere Patientin forderte die Wahlfreiheit für Patientinnen, die bei der intimen Körperhygiene frei entscheiden müssten, ob sie von einer Pflegerin oder von einem Pfleger betreut werden wollten. Groß ließ keinen Zweifel daran, dass es er bereits für einen sexuellen Übergriff hielte, wenn eine Patientin gegen ihren Willen im Intimbereich von einer männlichen Pflegekraft gepflegt würde. "Selbst wenn ein Patient zu seinem eigenen Schutz fixiert werden muss, ist das ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit", räumte der Chef-Psychiater des Marien-Hospitals ein und betonte: "Wir müssen auf jeden Fall mit dem Patienten im Gespräch bleiben und mit ihm aufarbeiten, wie er welche Maßnahmen empfunden hat." Insofern nahm Groß aus dem Gespräch mit Redakteuren, Patienten und Angehörigen vor allem die Anregung mit, die posttherapeutische Aufarbeitung individueller Psychiatrieerfahrungen mehr Raum zu geben "und sie noch stärker als bisher zu institutionalisieren." Erstaunlich offen sprach Groß auch die subtilen Formen von Gewalt an, sei es in Form einer abfälligen Bemerkung über Patienten oder auch durch fehlende Zeit- und Personalkapazitäten für eine betreuten Ausgang von Patienten.
Ebenso offen sprach Groß aber auch aus, dass Gewalt in der Psychiatrie keine Einbahnstraße sei, wenn auch Ärzte und Pfleger zuweilen von Patienten zum Teil massiv bedroht würden. Vor dem Hintergrund der belastenden Arbeitssituation im psychiatrischen Alltag misst der Chefarzt der psychiatrischen Klinik am Marien-Hospital vor allem der Selbstreflexion und der Supervision der neun Ärzte und 70 Pflegekräfte seiner Abteilung, die bis zu 68 Patienten stationär aufnehmen kann, höchsten Wert bei und machte deutlich, dass man sich auch hierfür noch mehr Zeit nehmen müsse, um damit den Ursachen von Übergriffen vorzubeugen, die in der Persönlichkeit und Psyche des jeweiligen Mitarbeiters begründet sein könnten.
Weitere Informationen im Internet finden Sie unter: http://www.dattisirre.de/
Dieser Text ist auch in der katholischen Wochenzeitung Ruhrwort erschienen. Internet-Informationen unter: http://www.ruhrwort.de/
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