Wie kann man Außenbezirke besser in den öffentlichen Nahverkehr einbinden? Die von der Seniorenzeitung Alt! Na und? angestoßene Disskussion über einen ehrenamtlich gesteuerten Bürgerbus, der Lücken im Nahverkehrsnetz schließen könnte, zeigt, wie zeitlos aktuell diese Frage ist, wenn man auf den 23. Oktober 1949 zurückblickt.
Diesen Tag empfinden die damals 1800 Bewohner der Saarner Oemberg-Siedlung als einen Festtag. Denn an diesem Sonntag kommt zum ersten Mal ein Bus zu ihnen, der sie in gut 20 Minuten in die Innenstadt bringt. "Wie sehr wir uns nach diesem Verkehr mit der Innenstadt hier draußen gesehnt haben, lässt sich gar nicht sagen", lässt der Oemberger Siedlungs-Obmann Scholten den Reporter von der NRZ wissen. Scholten hat die Buslinie durch seine beharrlichen Eingaben bei der Stadt erst möglich gemacht.
Ehe vor 60 Jahren der erste Bus in die Oemberg-Siedlung kommt, müssen ihre Einwohner einen 15-minütigen Fußmarsch zur nächsten Straßenbahnhaltestelle Waldschlößchen am Uhlenhorst antreten, um von dort aus in die Innenstadt zu fahren.
Vor diesem Hintergrund ist die Begeisterung zu verstehen, mit der die Kinder der Oemberger an diesem 23. Oktober dem ersten und zur Feier des Tages mit Blumen geschmückten Omnibus entgegenlaufen und Frauen ihm vom Straßenrand aus zuwinken.
54 000 Mark haben sich die Verkehrsbetriebe der Stadt ihren damals vierten Omnibus kosten lassen. Zum Vergleich: Heute gehören 49 Busse zum Fuhrpark der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, die pro Jahr mehr als zwölf Millionen Fahrgäste befördern.
"Siedler fahren im geheizten Bus", titelt vor 60 Jahren die NRZ und zitiert den Ober-Ingenieur der städtischen Verkehrsbetriebe mit dem überschwänglichen Lob: "Dieser Bus ist wirklich der letzte Schrei." Ausführlich beschreibt die Lokalausgabe Ausstattung und technische Details des Fahrzeugs: 110 PS-Motor, Höchstgeschwindigkeit 60 Kilometer pro Stunde, 35 Kunststoffledersitze, 18 Stehplätze, eine mit Hilfe des Motors betriebene Warmwasser-Heizung und nicht zu vergessen die per Knopfdruck zu öffnenden Bustüren.
Den Türknopf drücken dürfen damals nur der Fahrer und sein Schaffner. Ja, den gibt es 1949 noch. Schwarzfahrer haben damals keine Chance. Tatsächlich gibt es am ersten Tag auf der neuen Buslinie aber mehr Fahrgäste als Fahrkarten. Der Schaffner muss nachordern. Die Fahrpreise hören sich für heutige Ohren billig an. 30 Pfennig kostet die einfache Fahrt von der Oemberg-Siedlung zur Stadtmitte. Die Sechser-Karte ist 1949 für eine Mark und die Wochenkarte für 2,20 Mark zu haben. Doch ein Jahr nach der Währungsreform verdient man auch erheblich weniger, als heute. Das durchschnittliche Brutto-Jahreseinkommen eines Bundesbürgers liegt 1949 bei rund 2800 Mark und heute bei rund 30 000 Euro.
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