Szene-Foto der Volxbühne |
Kein Darsteller spielt sich in den Vordergrund. Alle Rollen sind angenehm gleichwertig. Und die Situation wird dadurch entspannt, dass nie ganz deutlich wird, wem welches Trauma zuzuordnen ist. Manchmal, wenn die Grenzen zwischen Traum und Trauma auf banale und zugleich urkomische Weise verwischt werden, ist auch der eine oder andere spontane Lacher aus dem Publikum zu hören. „Ich träume davon, dass ich nie mehr einen Wasserrohrbruch erleben muss.“ „Ich habe davon geträumt, die Pubertät meiner Kinder unbeschadet zu überleben.“ Oder: „Ich träume davon, dass ich dieses Stück bis zum Ende fehlerfrei über die Bühne bringe.“ Ein traumatisierter Ingenieur Besonders bewegend ist die Reflexion eines beruflich erfolgreichen Ingenieurs, den seine Mitschuld an der Herstellung des Senfgases verfolgt, dass der irakische Diktator Saddam Hussein 1988 im nordirakischen Halabdscha gegen die dort lebenden regimekritischen Kurden einsetzen ließ. „Noch heute habe ich den Geruch des Senfgases in der Nase, das anfangs in geringen Dosen wie eine frischgemähte Wiese riecht. Ich träume davon, dass ich alles rückgängig machen und an einer frischgemähten Wiese vorbeigehen könnte, ohne an die Opfer von Halabdscha zu denken“, lässt der traumatisierte Ingenieur dem Publikum sagen.
Dieser Text erschien am 4. Dezember 2015 in NRZ und WAZ
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