Dienstag, 1. Dezember 2015

Die Stadt will Flüchtlingskinder schnell in die Schulen bringen: Könnte das eine Chance für den auslaufenden Schulstandort an der Bruchstraße sein?

Helmut Kämpgen vom
Eppinghofer Bürgerverein
Die Flüchtlingszuwanderung hält an. Ende offen. Wie berichtet, geht die Stadt davon aus, dass bis Ende des Jahres rund 2500 Flüchtlinge in Mülheim leben werden und 2016 mit dem Zuzug von weiteren 2000 zu rechnen ist.

Wie Sozial- und Schuldezernent Ulrich Ernst zuletzt mittelte, werden aktuell 688 Flüchtlingskinder als „Seiteneinsteiger“ an Mülheimer Schulen in Förder- und Regelklassen unterrichtet. Und die Agentur für Arbeit hat nach Angaben ihres Chefs, Jürgen Koch, drei Mitarbeiter als Talentscouts im Einsatz, die sich speziell mit Flüchtlingen und ihrem beruflichen Qualifizierungsprofil beschäftigen, um sie durch eine möglichst frühe Begleitung zu fördern und dann langsam an den Arbeitsmarkt heranzuführen.

Das ist aus Sicht von Helmut Kämpgen genau der richtige Weg. Der Vorsitzende des Bürgervereins Eppinghofen fordert gezielte Investitionen und klare Strukturen für Deutsch- und Integrationskurse. Sozialdezernent Ulrich Ernst und Stadtkämmerer Uwe Bonan hatten das Investitionsvolumen für die Flüchtlingsversorgung zuletzt auf rund 50 Millionen Euro prognostiziert. „Die meisten Flüchtlinge, die ich kenne, sind hoch motiviert. Sie wollen lernen und sich integrieren. Sie können für unsere alternde Gesellschaft ein Gewinn werden, wenn man sie sofort fördert und verhindert, dass sie über Wochen und Monate tatenlos und frustriert in ihren Unterkünften sitzen und dann vielleicht auch noch Kontakte bekommen, die nicht gut für sie sind.“

Auch der Bürgerverein hilft im Rahmen seiner Möglichkeiten. Mit der katholischen Gemeinde St. Engelbert bietet er derzeit im Gemeindehaus an der Engelbertusstraße einen Deutschkurs für Flüchtlinge an. An dem zweistündigen Kurs, der wöchentlich einmal von der Pädagogin Jutta Kämpgen, von Renate Brzeska, Helga Veutgen, Gabi Ostwald und Evelyn Wisniewski ehrenamtlich betreut wird, nehmen zurzeit Menschen aus dem Irak, aus Afghanistan, Syrien, Bangladesch, Albanien und Pakistan teil. „Die Teilnehmer sind sehr motiviert. Bei vielen merkt man, dass sie auch zuhause an ihren Sprachkenntnissen arbeiten“, berichtet Helmut Kämpgens Frau Jutta. Das Lern- und Arbeitsmaterial für ihren kostenfreien Kurs hat das Zentrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) bereitgestellt.

„Aber das, was wir als Ehrenamtliche in unserer begrenzten Zeit leisten können, ist nicht genug“, räumt Jutta Kämpgen ein. Deshalb hat sie jetzt einen Förderantrag bei Evonik eingereicht, um mit einer Materialkosten-Unterstützung einen zweiten Deutsch- und Integrationskurs für Flüchtlinge einzurichten. Der soll mit ebenfalls zehn bis zwölf Teilnehmern ab Mitte November einmal wöchentlich im Gemeindezentrum der evangelischen Johanniskirche an der Aktienstraße angeboten werden. Pro Kurs rechnet sie mit Materialkosten in Höhe von 250 Euro. „Im Grunde bräuchten, wir nicht einmal, sondern zwei- oder dreimal zwei Stunden pro Woche, um den tatsächlichen Bedarf zu decken“, betont Jutta Kämpgen.

Ihr Mann Helmut warnt vor einer Überforderung der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer. „Dauerhaft brauchen wir klare professionelle Strukturen. Die Schulen müssen auch als Lernräume für erwachsene Flüchtlinge geöffnet werden“, meint Kämpgen.


Dieser Text erschien am 13. November 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 1929 als Gasbehälter errichtet, dient der 117 Meter hohe Gasometer in Oberhausen seit 30 Jahren als extravaganter Ausstellungsraum. Dieser ...