Hildegard Drosten arbeitet seit 2004 als Grüne Dame im Evangelischen Krankenhaus |
Wir haben Respekt vor ihrem ehrenamtlichen Engagement. Denn das Krankenhaus ist groß. Da tut eine Wegweiserin gut, die weiß, wo es lang geht“, finden Birgit Fuchs und ihre Tochter Katja Pfeitz. Das zu hören, freut Hildegard Drosten, die seit 2004 als ehrenamtliche Grüne Dame im Evangelischen Krankenhaus arbeitet.
An diesem Morgen begleitet die 74-Jährige Birgit Fuchs, die eine Hüft-Operation überstanden hat und ihre Tochter hinaus zum Wagen. Heute tut sie als Hallendame Dienst. In ihrem grünen Kittel sieht sie wie das Vorauskommando eines Operationsteams aus. Doch dem ist nicht so. Ihr Operationsziel heißt:„Patienten beruhigen und ihnen die Angst und Unsicherheit nehmen.“ Die schleiche sich nämlich automatisch ein, wenn man als Patient zum ersten Mal ins Krankenhaus komme. „Auf welche Station muss ich? Wo habe ich meinen Behandlungstermin?“ Solche Fragen bekommt Hildegard Drosten dann regelmäßig zu hören. Nach elf Jahren im Evangelischen Krankenhaus kennt sie sich aus und nimmt die Neuankömmlinge an die Hand, um mit ihnen zu dem für sie zuständigen Arzt oder direkt auf die Station und ins jeweilige Patientenzimmer zu gehen. „Ich brauche Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen“, weiß die Grüne Dame. Im Laufe der Jahre, in denen sie immer wieder mittwochs für jeweils sechs Stunden ins Krankenhaus kommt, hat sie ein feines Gespür dafür gewonnen, „wen ich wie ansprechen muss oder ob ich lieber gar nichts sage und einfach nur helfe“.
Als besonders wichtig und wertvoll empfindet die Grüne Dame ihre Zeit und Zuwendung, wenn sie bereits aufgenommene Patienten zum Beispiel zu einer Röntgenuntersuchung begleitet oder mit ihnen in die Operationsschleuse geht. „Gerade vor einer Operation kann ein Gespräch oder ein Mensch, der am Bett steht und die Hand hält, Ängste abbauen. Das gilt auch dann, wenn ich nach der Operation bei den Patienten bin, damit sie nicht alleine aus der Narkose aufwachen“, berichtet die 74-Jährige.
Auf ihren Mittwoch im EKM möchte die Rentnerin und Mutter von zwei erwachsenen Kindern nicht mehr verzichten. „Der ist bei mir fest eingeplant. Und ich mache das hier, so lange meine Gesundheit mitspielt, weil man als Grüne Dame unheimlich viel zurückbekommt.“
Dass ihr eheranamtlicher Begleit,- Hilfs- und Gesprächsdienst keine Beschäftigungstherapie für fitte und unausgelastete Pensionäre ist, spürt Drosten vor allem im Kontakt mit den vielen Patienten, die völlig alleinstehend leben und keine Angehörige oder Freunde haben. „Gerade diesen Menschen kann man segensreich helfen, wenn man für sie mal Einkäufe erledigt, ihr Handy auflädt, Geld aus dem Automaten oder in ihrem Auftrag etwas aus ihrer Wohnung holt“, berichtet die Grüne Dame.
Auch die Gespräche, die sie mit Alleinstehenden führt, erlebt sie als seelische Vitaminspritze für beide Seiten. Themen können dann die Krankheit sein, manchmal geht es um die Familie, über Erlebnisse aus dem Krieg oder der Gefangenschaft oder auch nur über ihr Stadtviertel.
„Ich darf keine Berührungsängste haben und muss auf jeden Patienten unvoreingenommen zugehen. Auch wenn es sich zum Beispiel um einen Obdachlosen handelt“, unterstreicht Drosten.
Was sie an ihrem Ehrenamt schätzt, ist nicht nur die Erfahrung, als Mensch gebraucht und gefordert zu werden, sondern auch die sozialen Kontakte zu ihren acht männlichen und 91 weiblichen Kollegen in Grün, die dringend weitere Verstärkung brauchen.
Dieser Text erschien am 24. Oktober 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung
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