Laszlo Nagy zu Gast bei den Herbstgesprächen der CDU |
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Urban lässt Zäune bauen, um Flüchtlinge aufzuhalten. Das sind die aktuellen Fernsehbilder, die auch die 100 Gäste im Kopf haben, die an diesem Tag der Deutschen Einheit zu den Herbstgesprächen der CDU in die Alte Post gekommen sind. „Der Flüchtlingsstrom zeigt uns, dass wir die großen Probleme unserer Zeit nicht mehr nationalstaatlich, sondern nur europäisch lösen können“, sagt CDU-Chef Andreas Schmidt. Und dann erinnert der Ungar Laszlo Nagy von der Stiftung Paneuropäisches Picknick an eine Zeit, in der Ungarn Grenzzäune einriss und damit vielen Ostdeutschen die Flucht aus der DDR ermöglichte.
Nagy berichtet nicht nur über Motive und organisatorische Details des paneuropäischen Picknicks in Sopron, das 600 DDR-Bürger am 19. August 1989 zur Flucht in Richtung Westen nutzten. Er schildert auch die politischen Hintergründe, die im Spätsommer 1989 zur Öffnung des Eisernen Vorhangs führten. Nagy berichtet zum Beispiel davon, dass sich die Regierung des damaligen Reform-Premiers Miklos Nemeth bereits im Mai 1989 vom Grenzregime mit Minen und Stacheldraht verabschiedet hatte. Er schildert die Moskauer Gespräche, in denen der damalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow Nemeth versichert hatte: „Die Sowjetunion will die Sünde von 1956 nicht noch einmal auf sich nehmen.“
Doch davon, so macht Nagy deutlich, wussten seine Mitstreiter aus dem Ungarischen Demokratischen Forum und er damals nichts. „Deshalb spielten wir damals mit dem Feuer. Aber wir taten es, weil wir fest daran glaubten, dass das, was wir taten richtig und notwendig war,“ betont er. Auch von den Geheimverhandlungen zwischen den Regierungen in Bonn und Budapest erfuhren sie erst später. Nagys Bilanz: „Auch kleine Bürger können große Politik machen, auch wenn wir heute wissen, dass wir damals für etwas demonstrierten, das die Politiker in Bonn, Budapest und Moskau längst wollten.
Dieser Text erschien am 5. Oktober 2015 in NRZ und WAZ
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