Erzieherin Barbara Laux |
Zusammen mit ihrer Kollegin Nina Hunhoff betreut Laux die Ein- bis Dreijährigen in der Heißener Kindertagesstätte Hummelwiese. Auch wenn ihr Kindernest überschaubar ist, streift sie mit dem einen oder anderen Kind regelmäßig durch die anderen Räume der Kita. Ben möchte mit ihr im Atelier basteln. Dean will einfach nur mit ihr in den Gängen der Hummelwiese spazieren gehen. Queenita und Johanna kommen mit einem Bilderbuch zu ihr.
Später setzen Noah und Malte das CD-Radio neben dem Vorlese- und Kuschelsofa in Gang. Kinderlieder erklingen und die unermüdlichen Zwerge aus dem Kindernest hüpfen, gestikulieren und tanzen, was das Zeug hält. Barbara Laux macht mit, hat ihre Augen aber überall und achtet darauf, dass keines der kleinen Energiebündel im Eifer des Gefechtes vielleicht stürzt und dabei mit dem Kopf gegen den Heizungskörper schlagen könnte.
Auch als sich später einige ihrer Nest-Kinder in einer selbst gebauten Höhle verstecken, lässt sie die Kleinen zwar gewähren, aber keinen Moment lang aus dem Blick.
Auch dem Wunsch von Laura und Finn, in den Bauraum zu gehen, wo sich die beiden auf zwei Schaukelpferden ein Wettrennen liefern, ehe sie in einer Küchen-Spiel- und Kuschelecke mit einem kleinen Plüschbären Vater, Mutter, Kind spielen, kommt Laux erst nach, als ihre Kollegin mit einem Wasch-und-Wickel-Kandidaten zurück ins Kindernest kommt, um den Rest der Trabanten zu betreuen und im Blick zu behalten.
Was auf den ersten Blick spielerisch wirkt, ist beim zweiten Hinsehen eine anstrengende und verantwortungsvolle Aufgabe, bei der die Präsenz und Persönlichkeit der Erzieherin gefordert ist. Die Kinder sind quirlig und kommen im Minutentakt auf neue Ideen, was man denn noch so alles unternehmen könnte.
Während Laux mit zwei Kindern kleine Häuser und Autos aus Legosteinen baut, sieht sie, dass einem dritten Kind die Nase läuft: „Komm, wir müssen mal deine Nase putzen und dann wirfst du das Taschentuch weg. Nein, nicht ins Regal, sondern in den Mülleimer!“
Auch beim gemeinsamen Mittagessen, das Hauswirtschafterin Gisela Tiefenbach jeden Tag frisch zubereitet, kommt keine wirkliche Ruhe auf. Aufdecken, abdecken. Zwischendurch wird hier gefüttert und dort beim Führen der Gabel geholfen, damit alle Kinder beim Essen auf ihre Kosten und niemand zu Schaden kommt.
„Vieles hat sich verschoben“, sagt Laux im Rückblick auf ihre 25 Berufsjahre, von denen sie die ersten zwölf Jahre in einer Styrumer Kindertagesstätte und die letzten 13 Jahre in der Kita Hummelwiese verbracht hat. „Man kann vieles nicht mehr voraussetzen und muss manchmal seine Ansprüche zurückschrauben“, erklärt Laux.
Die Erzieherin erlebt in ihrem Arbeitsalltag, dass die Unterschiede zwischen den Elternhäusern, aus denen die Kinder in die Kita kommen, wachsen. Vielen muss vieles von den Erzieherinnen erst beigebracht werden, was die meisten Kinder früher selbstverständlich von Zuhause mitbrachten.
Das fängt bei der Sprache an. Auch wenn man von den ganz selbstverständlich miteinander spielenden und umgehenden Kindern lernen kann, wie Integration funktioniert, wenn man sich auf die Gemeinsamkeiten konzentriert und Unterschiede nicht überbetont, fällt doch auf, dass Laux in dem einen oder anderen Fall von der deutschen in die englische Sprache wechseln muss, um sich verständlich zu machen. Auch wenn sich die Erzieherin offensichtlich darum bemüht, viel und deutsch mit den Kindern zu sprechen, um spielerisch ihren Wortschatz auszubauen, weiß sie doch, dass in einigen Elternhäusern eher Englisch als Deutsch die Umgangssprache ist.
Deshalb müssen die Erzieherin und ihre Kolleginnen nicht nur mit Kindern, sondern auch mit Eltern arbeiten, mal in Einzelgesprächen, mal im Rahmen gemeinsamer Kita-Aktivitäten und mal mit Hilfe von informativen Elternabenden, etwa zu den Themen Erziehung, Gesundheit und Ernährung, zu denen dann auch schon mal externe Referenten eingeladen werden.
Alles muss dokumentiert werden
Ganz nebenbei müssen Laux und ihre zehn Kolleginnen, Kita-Leiter Michael Voßebein ist der einzige Mann im Haus, für jedes der 78 Kinder in der Kita Hummelwiese ein Familienbuch führen, in dem sie mit Fotos und Texten den jeweiligen Entwicklungsstand und Entwicklungsfortschritt und damit das Ergebnis ihrer Arbeit dokumentieren.
Laux und Voßebein sind sich einig, dass es Kinder im multimedialen Zeitalter schwerhaben, der allgemeinen Reizüberflutung durch Fernsehen, Internet- und Smartphone zu entgehen und sich etwa im selbstvergessenen Spiel ganz auf sich und ihre Fantasie zu konzentrieren.
Warum sind die Erzieherinnen, Ausnahmen bestätigen die Regel, in den Kindertagesstätten meistens unter sich? „Kindererziehung ist im Bewusstsein der meisten Menschen immer noch eine Frauensache, wobei viele unsere Arbeit als ein bisschen spielen unterschätzen und nicht sehen, welche pädagogische und soziale Frühförderung wir täglich leisten müssen.“ Das zeigen auch die Verdienstmöglichkeiten in diesem Beruf. Sie selbst sagt: „Mein Lohn ist kein schlechtes, aber auch kein üppiges Gehalt!“ Doch sie sieht ihren Beruf auch als Berufung, der ihr nicht nur finanzielle Befriedigung verschafft. Und deshalb ist Laux dankbar dafür, dass sie beruflich ihre ganze Kraft und Erfahrung Kindern widmen und deren Entwicklungsfortschritte beobachten kann.
Und wenn dann ihr arbeitsreicher Kindergartentag nach acht bis neun Stunden um 16.30 Uhr zu Ende geht, freut sie sich aufs Joggen und Fahrradfahren, aufs Klavierspielen daheim oder auf gemütliche Treffen mit Freunden.
Dieser Text erschien am 10. Dezember 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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