Donnerstag, 8. Dezember 2016

So gesehen: Wir sind alle kleine Sünderlein

Die Zeit, in denen die Kinder Fracksausen bekamen, wenn der Nikolaus in seinem purpur-roten Bischofsgewand, seiner Mitra, seinem Ehrfurcht gebietenden weißen Bart und seinem Bischofsstab nahte, sind vorbei.

Das merkte ich gestern, als ich während einer Straßenbahnfahrt das Gespräch zwischen einem Kindergartenkind und seiner Erzieherin hörte. „Ich bin gestern Nacht aufgewacht und habe gesehen, dass vor meiner Zimmertür bereits ein gefüllter Nikolausstiefel stand. Da habe ich mir einfach ein Bonbon stibitzt, aber der Nikolaus hat nichts gemerkt“, ließ das kleine Zuckermäulchen seine perplexe Kindergartentante wissen. „Das kannst du doch nicht machen“, antwortete die Pädagogin mit gespielter Empörung. „Ich glaube schon. Denn ich hatte gerade Hunger und das Bonbon schmeckte wirklich gut“, meinte das kleine Nikolausfrüchtchen.

Ob sich der Nikolaus das in sein Goldenes Buch notiert oder sollte der heilige Mann auch schon mit einem Tablet-Computer unterwegs sein? Wahrscheinlich hat die kleine Naschkatze recht. Denn Sankt Nikolaus ist ja Gott sei Dank kein Erbsenzähler, sondern der Schutzheilige der Kinder und Seeleute. Er weiß, wie schnell gute Vorsätze ins Schwimmen geraten können und hat deshalb sicher auch ein Herz für voreilige kleine Naschkatzen.


Dieser Text erschien am 8. Dezember 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung

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