„Wir haben bereits im zweiten Jahr in Folge mehr Schulabgänger, die ein Studium
beginnen, statt in eine Berufsausbildung zu starten“, stellt der für Ausbildung
zuständige Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Franz Roggemann,
fest. Das hält er für volkswirtschaftlich bedenklich, „weil die duale und
arbeitsmarktorientierte Berufsausbildung ein wesentlicher Pfeiler unseres
Wohlstandes ist.“
Deshalb haben die operative Geschäftsführerin der
Agentur für Arbeit, Christiane Artz, und Barbara Yeboah, Geschäftsführerin der
Kreishandwerkerschaft, zwei Botschaften, eine für die Betriebe: „Bilden Sie
aus!“ und eine für die Lehrstellensuchenden: „Informieren Sie sich auch abseits
der klassischen Ausbildungsberufe im großen Feld der über 300
Ausbildungsberufe.“
Als beste Gelegenheit dafür empfiehlt der Leiter der
Mülheimer Sozialagentur, Klaus Konietzka, die Ausbildungsmesse, die am 21.
September in der Stadthalle alle Akteure des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes
unter einem Dach zusammenbringen wird.
„Wenn Jugendliche an Ausbildung
denken, haben sie immer erst den KFZ-Mechatroniker oder die Friseurin, aber
nicht den Dachdeckerberuf im Blick“, weiß der stellvertretende Obermeister der
Dachdecker-Innung, Jens Peter Richard.
Er selbst beschäftigt in seinem
Betrieb sechs Mitarbeiter und zwei Auszubildende. „Wir bilden immer für den
eigenen Bedarf aus“, betont Richard den Vorteil, dass eine Handwerksausbildung
auch zu einer Anschlussbeschäftigung führt, die in diesem Fall mit einem
Gesellengehalt von monatlich brutto 3500 Euro bezahlt wird.
„Ein
angestellter Meister verdient monatlich seine 4500 Euro brutto“, macht Richard
deutlich, dass sich gut ausgebildete Handwerker oft leichter mit dem
Berufseinstieg tun, als dies bei vielen Akademikern der Fall ist. „Mit einer
Handwerksausbildung kann man Karriere machen und sein Leben gut gestalten“, weiß
auch Barbara Yeboah von der Kreishandwerkerschaft.
Nicht nur diese,
sondern auch die Arbeits- und Sozialagentur unterstützen und beraten
ausbildungswillige Betriebe, zum Beispiel mit gezieltem Coaching für
förderungsbedürftige Auszubildende. „Das Handwerk hat dafür gesorgt, dass die
Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in diese Jahr um 1,6 Prozent
gestiegen ist“, freut sich Christiane Artz. Im Handwerk stehen 1000 Betrieben
der Kreishandwerkerschaft 600 Ausbildungsverträge gegenüber. Aber insgesamt
bilden derzeit nur 22 Prozent der Betriebe in Mülheim und Oberhausen aus.
Dieser Text erschien am 12. August 2016 in NRZ/WAZ
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