Montag, 10. April 2017

Ein deutliches Bekenntnis zu Europa „Pulse of Europe“ lautet das Demonstrations-Motto in immer mehr Städten. Drei Mülheimer engagieren sich

Gerd Rudolph

Peter Brill

Ulrich Beul
Der Kultur- und Veranstaltungsmacher Gert Rudolph, der pensionierte Awo-Familienberater Peter Brill und der Siemens-Ingenieur Ulrich Beul sind keine Demonstrationsgänger. Doch das Thema Europa und die Zukunft der Europäischen Union bewegt sie dazu, sonntags um 14 Uhr auf die Straße zu gehen, um zu zeigen, dass viele Menschen auch in Zeiten des Nationalismus und des Populismus für Europa und die Europäische Union einstehen.

Sie sind nicht alleine, sondern Teil einer immer größeren Bewegung, die unter dem Namen „Pulse of Euro“ inzwischen in rund 60 Städten des europäischen Kontinents für die in diesen Tagen 60 Jahre alt werdende EU auf die Straße geht.

„Die Idee von Pulse of Europe ist, den Puls Europas wieder stärker schlagen zu lassen und die leider oft schweigende Mehrheit für ein gemeinsames Europa auf die Straße zu bringen“, erklärt Ulrich Beul. Der 41-Jährige gehört, wie Gert Rudolph, zum Organisationsteam der Essener Pulse-of-Europe-Kundgebung auf dem Hirschlandplatz, der auch von Mülheim aus problemlos mit der U18 in 20 Minuten erreichbar ist.

„Die Teilnehmerzahl der seit dem 19. Februar stattfindenden Kundgebung reichte bisher von 130 bis 600 Teilnehmern, wobei ich schätze, dass vielleicht 30 oder 40 davon aus Mülheim kamen“, erzählt Gert Rudolph.

Für alle drei waren der Brexit und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsident ihr Schlüsselerlebnis dafür, „dass wir“, wie Peter Brill es formuliert, „in Europa wach werden müssen und nicht resignieren dürfen, wenn uns Freiheit, Demokratie und Frieden im gemeinsamen Europa lieb sind.“ Auch Gert Rudolph meint: „Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die rechtsextreme Marine Le Pen hoffentlich nicht zur französischen Präsidentin gewählt wird, muss man ein öffentliches Zeichen gegen Nationalisten und Populisten setzen, die die EU zu Unrecht für alles und jedes verantwortlich machen.“

Ulrich Beul räumt ein, „dass die EU reformbedürftig ist, wenn es um Demokratie, Bürgernähe, Transparenz und Dynamik der politischen Entscheidungen geht.“ Doch der Ingenieur, der sich auch in der überparteilichen Europa-Union engagiert, will die EU weder als Binnenmarkt, noch als gemeinsamen Währungsraum und als Hort von Freiheit und Demokratie missen. „Als eine Gemeinschaft von 500 Millionen Menschen ist man eine Hausnummer in der Welt, als ein Volk mit 82 Millionen Menschen nicht“, unterstreicht Beul.

Peter Brill, der das Reisen durch ein grenzenloses Europa mit einer gemeinsamen Währung schätzt, glaubt dass das demokratische, friedliche und freie Europa „heute wichtiger, denn je ist, weil wir um uns herum immer mehr Kriege und diktaturähnliche Staaten sehen.“

Für Gert Rudolph „brauchen wir Europa, um gemeinsame Standards zu bekommen, die für mehr wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit und Gerechtigkeit sorgen.“ Für Beul stehen, 60 Jahre nach den Römischen Gründungsverträgen der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, vor allem Freihandel und eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf der EU-Agenda. Peter Brill fährt gerne sonntags zum Hirschlandplatz, um dort „nicht gegen etwas, sondern für etwas zu demonstrieren, das niemanden ausgrenzt, sondern Menschen einlädt.“

Auch Gert Rudolph erlebt die Essener Pulse-of-Europe-Veranstaltungen mit Live-Musik, dem gemeinsamen Singen der Europa-Hymne und einem offenen Mikrofon als entspannt. „Auch Menschen, die nur vorbeikommen, bleiben stehen und hören zu“, berichtet er. Nachhaltig beeindruckt sind Brill, Rudolph und Beul von Stellungnahmen, die Menschen aller Generationen bei dieser Gelegenheit ins offene Mikrofon sprechen: „Ich möchte mich nicht eines Tages von meinen Kindern fragen lassen, was hast du getan, um die Europäische Union zu erhalten?“ zitiert Rudolph einen jungen Familienvater. Unvergessen ist ihm auch die Aussage einer alten Dame: „Ich habe den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Deshalb weiß ich, wie wichtig die Europäische Union ist, die nicht umsonst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden ist, weil ich weiß, wie es ist, wenn die Länder Europas nicht zusammenstehen, sondern sich bekämpfen.“ Sie wünschen sich noch mehr junge Mitstreiter für die EU.


Dieser Text erschien am 23. März 2017 in NRZ/WAZ

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