Samstag, 22. April 2017

Der Mülheimer Chirurg Jürgen Toennissen engagiert sich seit 30 Jahren für die medizinische Hilfsorganisation Interplast

Dr. Jürgen Toennissen
Bei plastischer Chirurgie denkt man an Schönheitsoperationen. Doch damit hat der plastische Chirurg Jürgen Toennissen, der gerade von einem Operationseinsatz aus Vietnam zurückgekehrt ist, nichts zu tun. Im Auftrag der Hilfsorganisation Interplast, die 1972 von dem Frankfurter Chirurgen Gottfried Lemperle ins Leben gerufen wurde, operiert er regelmäßig Menschen, die sich eine Operation sonst nie leisten könnten.

Die unentgeltliche Arbeit des Mülheimer Chirurgen, der während seines Berufslebens an einer Duisburger Klinik gearbeitet hat, ist um so beachtlicher, da er mit 77 eigentlich ungestört seinen Ruhestand genießen könnte. Doch das Engagement für hilfsbedürftige, aber zahlungsunfähige Menschen in der sogenannten Dritten Welt lässt ihn nicht los. Seit 30 Jahren ist der plastische Chirurg ehrenamtlich in Sumatra, Indien, Sri Lanka, Nepal, Pakistan und zuletzt eben auch in Vietnam unterwegs, um Menschen zu operieren, die zum Beispiel durch eine offene Lippengaumenspalte, einen Wolfsrachen, eine Hasenscharte oder auch durch Verbrennungen entstellt und damit aus sozial ausgegrenzt sind.

Spätfolgen des Vietnamkrieges



„Zu Verbrennungen kommt es in Vietnam oft, weil viele Menschen zuhause Kerosinlampen benutzen. Angeborene Deformierungen, wie die Hasenscharte, der Wolfsrachen oder die offene Lippengaumenspalte sind Spätfolgen des Vietnamkrieges, in dem die amerikanischen Truppen bei Bombardements das chemische Entlaubungsmittel Agent Orange eingesetzt haben“, berichtet Toennissen.

Zusammen mit seinem Kollegen Günter Zabel, und unterstützt von einem zehnköpfigen Team aus Pflegekräften und Anästhesistinnen, hat Toennissen jetzt im zentral-vietnamesischen Stadtkrankenhaus von Hue während eines 14-tägigen medizinischen Hilfseinsatzes 68 Operationen durchgeführt und insgesamt 124 Patienten behandelt, die sonst unbehandelt geblieben wären.

Den Kontakt zur Klinik, die durch landesweite Medienaufrufe, bedürftige Patienten auf die kostenlose Operationsmöglichkeit aufmerksam gemacht und die notwendigen Voruntersuchungen durchgeführt hatte, stellte die aus Vietnam stammende und heute in einem Dortmunder Krankenhaus arbeitende Anästhesistin Isabelle Bui her.

„Wenn ich in den sogenannten Entwicklungsländern arbeite, muss ich immer wieder improvisieren, weil das medizinische Gerät vor Ort begrenzt oder veraltet ist. Dann merke ich immer wieder, wie gut es uns doch in Deutschland geht“, sagt Dr. Toennissen. Während seines Einsatzes in Vietnam musste er zum Beispiel mit einem ganz normalen Bohrer eines deutschen Herstellers arbeiten, als es darum ging, die Hand eines Patienten durch das Einsetzen eines Drahtes wieder zu stabilisieren und funktionsfähig zu machen. Obwohl der Mülheimer Chirurg und seine Kollegen ehrenamtlich arbeiten und dafür, wenn sie noch berufstätig sind, ihren Urlaub einsetzen, kann Interplast seine nicht nur medizinisch, sondern auch sozial segensreiche Arbeit nur durch Spenden finanzieren.

Umso mehr ärgert es Dr. Toennissen, dass die Arbeit der Interplast-Teams immer wieder durch Behörden blockiert wird, wenn es zum Beispiel um Zollformalitäten, Transportbedingungen oder die notwendige Erteilung einer Arbeitserlaubnis geht. Hier würde sich der Mediziner mehr Rückendeckung und Unterstützung von Politik und Verwaltung wünschen. Dankbar ist Jürgen Toennissen dagegen den Richtern, die Interplast regelmäßig Bußgelder zukommen lassen und allen Spendern, die die gute Sache mit ihrem Geld unterstützen.

Mehr zur Arbeit von Interplast finden Sie im Internet unter www.interplast-germany.de oder im direkten Kontakt mit Jürgen Toennissen unter jürgentoennissen@gmail.com


Dieser Text erschien am 18. April 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

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