Samstag, 29. April 2017

Hilfe für die Helfer: Der Sozialarbeiter Christoph Happe aus dem Altenheim Haus Ruhrgarten erklärt, wie Tages- und Kurzzeitpflege Betroffene entlasten und aktivieren kann

Christoph Happe
Pflege daheim fordert den ganzen Mann und die ganze Frau. Doch was ist zu tun, wenn man als pflegender Angehöriger eine Auszeit braucht, sei es für einen Urlaub, für einen Krankenhausaufenthalt oder alltägliche Erledigungen, die zu kurz kommen, weil der pflegebedürftige Mann oder Vater oder die pflegebedürftige Mutter oder Frau die ganze Aufmerksamkeit brauchen.

Mit diesen Fragen pflegender Kinder und Ehepartner wird der Diplom-Sozialarbeiter Christoph Happe aus dem Altenheim Haus Ruhrgarten täglich konfrontiert. Denn er leitet den Sozialdienst der von der Evangelischen Altenhilfe getragenen Einrichtung, für die er seit 1995 tätig ist.

Frage: Wir stellen uns vor: Ich brauche als pflegender Angehöriger mal einen Tag für mich. Was kann ich tun?

Antwort: Christoph Happe: Die Tagespflege, die nicht nur vom Haus Ruhrgarten, sondern auch von einer Hand voll anderer Mülheimer Altenheime und privater Dienstleister angeboten wird, entlastet pflegende Angehörige und aktiviert das Potenzial des Pflegebedürftigen. In unserem Haus betreuen derzeit vier Mitarbeiterinnen 14 Tages-Pflegegäste.

Frage: Was bedeutet eigentlich Tagespflege in der Praxis?

Antwort: Christoph Happe: Die meisten unserer Tagespflegegäste kommen für ein oder zwei Tage pro Woche in unser Haus. Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück um 8 Uhr und endet um 16 Uhr. Dazwischen liegt nicht nur ein Mittagessen und Kaffeetrinken, sondern auch andere gemeinsame Aktivitäten. Deren Bandbreite reicht von Gesprächen und Zeitungsrunden über Sitz-Gymnastik und gemeinsames Basteln bis hin zur Zeitungsrunde und zum gemeinsamen Backen.

Antwort: Neben einer Terrasse und einem Gemeinschaftsraum mit Küche haben wir auch kleinere Nebenräume, in die sich Tagespflegegäste auch zurückziehen können, um sich auszuruhen und miteinander zu sprechen. Wir haben auch gut gefüllte Bücherregale, die mit ihrer bildreichen Lektüre von unseren Gästen gerne und oft genutzt werden. Ihr absoluter Liebling ist aber die Border-Collie-Hündin Abby, deren Frauchen, Cornelia Wagner, unsere Tagespflege leitet. Über den Hund kommen auch Menschen mit ins Gespräch, die sonst vielleicht eher zurückgezogen und verschlossen sind.

Frage: Was kostet das Angebot der Tagespflege?

Antwort: Christoph Happe: Je nach Pflegegrad bewegen sich Tagessätze zwischen 85 und 100 Euro. Hinzu kommen Fahrdienstpauschalen, wenn Tagespflegegäste zuhause abgeholt und nachmittags wieder nach Hause gebracht werden sollen. Diese Fahrtkostenpauschalen bewegen sich, je nach Entfernung zwischen 5 und 10 Euro.

Frage: Muss man diese Kosten privat tragen?

Antwort: Christoph Happe: Nein. Es gibt hier eine finanzielle Unterstützung der vor gut zwei Jahrzehnten eingeführten Pflegeversicherung, die, abhängig vom Pflegegrad, monatlich zwischen 689 und 1995 Euro beträgt. Außerdem steht allen Pflegebedürftigen ein zusätzlicher Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro zur Verfügung. Dieser Entlastungsbetrag kann auch für die täglichen Unterkunfts- und Verpflegungskosten von insgesamt rund 21 Euro verwendet werden. Ansonsten müsste dieser Betrag, der von der Pflegeversicherung nicht als Pflegeleistung anerkannt wird, privat getragen werden.

Frage: Aber was ist zu tun, wenn ein pflegender Angehöriger länger als einen Tag ausfällt?

Antwort: Christoph Happe: Dann kann man die Verhinderungspflege eines ambulanten Pflegedienst daheim oder die Kurzzeitpflege in einem Altenheim in Anspruch nehmen.

Antwort: Leider gibt es bisher keine Übersicht der in den Mülheimer Altenheimen vorhanden Kurzzeitpflegeplätze, so dass man alle Altenheime abfragen muss. In diesem Fall sollte man seine Krankenkasse oder den Sozialdienst eines Krankenhauses ansprechen. Letzterer schaltet sich ein, wenn es sich um eine post-operative Kurzzeitpflege handelt.

Frage: Und wie sieht es hier mit der Finanzierung aus?

Antwort: Christoph Happe: Sowohl für die Kurzzeit- als auch für die Verhinderungspflege stellt die Pflegeversicherung, unabhängig vom Pflegegrad des Pflegebedürftigen, jährlich 1612 Euro zur Verfügung. Darüber hinaus gilt: Im Falle der nachgewiesenen Bedürftigkeit sind die Leistungen der Tages,- Kurzzeit- und Verhinderungspflege auch sozialhilfefähig, können also über die Sozialhilfe finanziert werden.


Dieser Text erschien am 22. April 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

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