Dass Frohsinn und Frohe Botschaft zwei Seiten der gleichen Medaille
sind, zeigte sich am vergangenen Sonntag, als die Karnevalisten in
St. Engelbert ihre närrische Festmesse feierten. Anschließend lud
die aus der Kolpingfamilie Broich-Speldorf hervorgegangene
Karnevalsgesellschaft Blau Weiß im Gemeindesaal von Herz Jesu an der
Ulmenallee zu ihrem Jubiläumsempfang. „1947 hatten die Menschen
nicht viel zu lachen angesichts der Not und der harten
Wiederaufbauarbeit, die geleistet werden musste. Dennoch nahmen sich
die Kolpingbrüder damals ein Herz und gründeten eine
Karnevalsabteilung, damit die Menschen wenigstens für einige Stunden
im Karneval die Sorgen des Alltags vergessen konnten“, blickte
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf das
Gründungsjahr der zweitältesten und derzeit 250 Mitglieder
zählenden Gesellschaft Mülheims.
Kraft
selbst, ist, ebenso wie der Bezirksbürgermeister Hans-Josef
Hüßelbeck, Mitglied und Ehrensenator der Blau Weissen. „Haben wir
auch in Zukunft den Mut, Menschen in bester Narren-Manier den Spiegel
vorzuhalten und dabei uns selbst und den Karneval nicht zu ernst zu
nehmen“, wünschte er seine Gesellschaft zum Geburtstag und
zitierte dabei den Ritter wider den tierischen Ernst, Norbert Blüm:
„Wer tierisch ernst das Leben nimmt, ist eines Tages ganz bestimmt
am Ende seiner Narretei und alle ziehen an ihm vorbei.“
Blau-Weiß-Präsident
und Ex-Prinz Thomas Straßmann zeigte mit einem flotten
Begrüßungslied: „70 Jahre und kein bisschen leise. 70 Jahre in
der Narretei immer vorne dabei“, warum er als singender Prinz in
die närrischen Analen der Stadtgeschichte eingegangen ist. Besonders
gerne nutzte er den Jubiläumsempfang, um seinen langjährigen und
verdienten Amtsvorgänger Klaus Vieten mit dem Verdienstorden der
Gesellschaft auszuzeichnen
Dass
auch Gott eine Karnevalist ist, steht für den Katholiken und
Karnevalisten Klaus Groth, der zusammen mit Kerstin Schattke von den
Mölmschen Houltköpp in dieser Session das Stadtprinzenpaar stellt,
außer Frage: „Der liebe Gott hat uns lieb und er will, dass wir
dort, wo er uns hin gestellt hat, fröhlich leben und arbeiten und
bestimmt schaukelt er im Himmel heimlich mit“ sagte Prinz Klaus I.
bei der von 350 Jecken besuchten Närrischen Festmesse in St.
Engelbert. Die mit dem Prinzenorden ausgezeichnete Kirchenmusikerin
Birgit Höfel bewies mit ihren Orgelvariationen zu: „Es war einmal
ein treuer Husar“, „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“
und „Wir lassen den Dom in Kölle“, dass die Königin der
Instrumente auch für Karnevalslieder in der Kirche bestens geeignet
ist.
Für
seine pointierte und perfekt gereimte närrische Kanzelrede, in der
Gastgeber Pastor Michael Clemens aus Eppinghofen, Heiteres und
Ernstes über Krieg und Frieden, Reichtum und Armut,
Flüchtlingsarbeit und Stadtentwicklung, aber auch über den
laufenden Pfarreientwicklungsprozess zu sagen wusste, wurde er mit
dem Prinzenorden und mit dem Titel eines Ehrensenators des Mülheimer
Karnevals belohnt. Damit konnte ihn sein evangelischer Konzelebrant,
Pfarrer Michael Manz aus Styrum, als Ordensbruder begrüßen.
Kritisch setzte sich Clemens auch mit der Zukunftsstrategie des
Ruhrbistums und seiner Leitung auseinander, wenn er in seiner
büttenreifen Predigt kritisierte, „wie ein Bistum, dem das Wasser
bis zum Halse steht, seinen Gemeinden behände den Geldhahn
zugedreht. Gespart wird auf Teufel komm heraus. So sieht
Pfarreientwicklungsprozess wirklich aus. Das Grundproblem, ihr sollt
es ruhig denken: Zu viele taten sich den Glauben schenken. Wo
sonntags die Messen voll und der Glaube tut sprießen, kein Bischof
traut sich Kirchen zu schließen.“
Dieser Text erschien im Neuen Ruhrwort vom 25. Januar 2017
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