Heute ist ein besonders guter Tag für Rüdiger Simon. Denn er fährt er zu einem
Arbeitgeber, der eine seiner Klientinnen einstellen wird. Ihr erster Arbeitstag
steht unmittelbar bevor. Der Betriebsakquisiteur der Sozialagentur vermittelt
Langzeitarbeitslose ohne abgeschlossene Berufsausbildung auf den ersten
Arbeitsmarkt. Eine herausfordernde Arbeit. „Ein toller Job, weil ich
100-prozentig von meiner Aufgabe überzeugt bin“, sagt der studierte
Sozialwissenschaftler. Was ihn an seiner Arbeit sehr zufriedenstellt, ist die
Tatsache, „dass ich die Menschen dort abholen kann, wo sie stehen. Ich brauche
ihnen keine Stelle aufs Auge zu drücken, die gerade frei ist. Ich spreche
stattdessen mit ihnen über ihre persönlichen Stärken, darüber, was sie gerne
machen und was sie gerne machen würden, was sie sich zutrauen.“ Mit diesen
Gesprächsinformationen ausgestattet, machen sich Rüdiger Simon und sein Kollege
Sandrino Sabiu auf den Weg. Sie suchen Betriebe und Berufe, die zu ihren
Bewerbern passen könnten.
Das tun sie nicht nur am Telefon in ihrem Büro
in der sechsten Etage der Sozialagentur an der Eppinghofer Straße. Rüdiger Simon
fährt mit seinem Auto kreuz und quer durch die Stadt, führt Gespräche mit
Unternehmern und Geschäftsführern. Dabei findet so manches Gespräch über
Persönlichkeiten, Potenziale und Anforderungen auch am Abend statt, weit
außerhalb der Arbeitszeit Simons, die um 7.30 Uhr beginnt und um 16.30 Uhr
endet.
„Ich gehe niemanden auf die Nerven. Ich überzeuge mit Fakten und
überwinde die bei Arbeitgebern wie bei oft wenig selbstbewussten Bewerbern
bestehenden Vorurteile mit dem Hinweis, dass beide Seiten nichts zu verlieren,
aber viel zu gewinnen haben“, sagt der 57-Jährige.
Das Angebot von
kostenlosen Probe-Praktika und die Lohnzuschüsse, die die Sozialagentur im
Rahmen eines noch bis Ende August laufenden Bundesprogrammes geben kann, um
Simons Kandidaten für eine zweite Chance in Arbeit zu vermitteln, sind für seine
Gespräche die ersten und besten Türöffner. „Was viele Unternehmer überzeugt,
unsere Bewerber, die zwischen 35 und 64 Jahren alt sind, einzustellen, ist das
individuelle Coaching, mit dem wir sie beim Wiedereinstieg ins Berufsleben
begleiten und unterstützen, so dass niemand mit möglichen Startschwierigkeiten
alleine gelassen wird“, erzählt Simon.
Und deshalb ist der
Betriebsakquisiteur auch nicht nur auf Arbeitgebertournee in der Stadt, sondern
auch auf den sechs Etagen der Sozialagentur unterwegs, um mit
Coaching-Mitarbeitern und Case-Managern zu besprechen, wo es in Einzelfällen
hakt und wo noch nachgesteuert werden muss. Da geht es nicht nur um die
Klassiker Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, sondern auch um
eigenverantwortliche Arbeitsorganisation und Kommunikationsstrategien im Umgang
mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten, um am neuen Arbeitsplatz, trotz in der
Regel hoher Motivation keinen Schiffbruch zu erleiden.
Wer die Gespräche
mit anhört, die Simon im Laufe eines Tages mit Bewerbern führt, spürt, dass
seine Arbeit auch seelisch belastend sein kann. „Da kommen Lebensschicksale auf
den Tisch, die manchmal auch bedrückend sein können“, gibt Simon zu. „Ich höre
mir jedes Detail einer Biografie an, um Bewerbern auch wirklich helfen und ihr
persönliches Potenzial erfassen zu können. Aber ich ziehe innerlich auch immer
eine Grenze, in dem ich mir sage: Das ist sein oder ihr und das ist mein Leben
und jeder ist letztlich für sein eigenes Lebens selbst verantwortlich“,
erläutert Simon seine persönliche Arbeitspsychologie.
Was ihm in seinen
Gesprächen mit den vom Leben oft arg gebeutelten Bewerbern hilft, ist die eigene
Berufsbiografie. Nach dem Studium arbeitete er zunächst als Einkaufsleiter einer
Lebensmittelgenossenschaft, ehe er als Einrichtungsberater in die Möbelbranche
wechselte. „Diese Erfahrungen haben mir gezeigt, was Arbeitgeber heute von ihren
Beschäftigten an Leistungsbereitschaft und Flexibilität erwarten“, sagt Simon.
Doch vor zehn Jahren wagte er einen durch Gespräche mit Studienkollegen
motivierten Neustart, „weil mir in meinem Berufsleben bis dahin die Ethik zu
kurz gekommen war.“ Der in seinen Jugendjahren durch die Friedens- und
Umweltbewegung geprägte Sozialwissenschaftler widmete sich von nun an der
sozialen Aufgabe, Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln,
ob in Diensten einer kommunalen Sozialagentur oder einer privat-öffentlichen
Beschäftigungsförderungsgesellschaft. Das tat der gebürtige Mülheimer, der heute
in Speldorf zuhause ist, nicht nur in seiner Heimatstadt, sondern auch in
Gelsenkirchen und im Kreis Recklinghausen. Seinen vor über zehn Jahren
vollzogenen Berufswechsel, hat Simon nicht bereut, auch wenn er seit dem von
einer befristeten Projekt-Stelle zur nächsten springen muss. „Davon geht die
Welt nicht unter. Das ist heute normal. Das Arbeitsleben ist heute spannend und
offen“, sagt Simon auch seinen Klienten immer wieder, Sie bekommen mit seiner
Hilfe einen in der Regel zunächst auf zwei Jahre befristeten Arbeitsplatz, etwa
als Produktionsmitarbeiter, als Hauswirtschafterin oder auch als Assistent der
Geschäftsführung. 55 abgeschlossene Arbeitsverträge stehen für Simon und seinen
Kollegen Sabiu für 55 schöne Arbeitstage. Aber es gibt für Simon und Sabiu
natürlich auch die schlechten Arbeitstage. „Das sind Tage, an denen ich
feststellen muss, dass Bewerber oder Arbeitgeber unter ihren Möglichkeiten
geblieben sind und ein Arbeitsverhältnis plötzlich beendet oder trotz eines
guten Praktikums erst gar nicht zustande gekommen ist.“ Das sind Tage, an denen
sich Simon auf den Feierabend mit seiner Lebensgefährtin und vielleicht mit
einem Konzert oder Theaterbesuch freut, um dann einfach abschalten zu
können.
Die Betriebsakquisiteure der Sozialagentur, Rüdiger Simon, und
Sandrino Sabiu sind für interessierte Arbeitgeber unter 0208-45559?11 oder 0208-455?5986 erreichbar.
Dieser Text erschien am 18. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Mensch im Mittelalter
Die Interessengemeinschaft Hochgotik ließ die Besucherinnen und Besucher auf Schloss Broich ins 13. Und 14. Jahrhundert reisen und kam dam...
-
Jan Sensky vor seinem Dienswagen Wenn Sie ein altes Möbel- oder Kleidungstück oder auch Geschirr zu Hause stehen haben, die noch gut zu ...
-
Der 30. und 31. Januar ist in meinem Kalender rot angestrichen", erzählt Familienforscherin Bärbel Essers. Dass das so ist, hat mit der...
-
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.” Auch dieses Volkslied dürfte die Schildberger Sing- und Spielschar ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen