1. Mai 1946 Die Mülheimer hungern in einer vom Krieg gezeichneten Stadt. Die Gewerkschaften, die unter Hitler gleichgeschaltet waren, haben sich erst vor sieben Monaten unter dem Namen Freier Deutscher Gewerkschaftsbund im Speldorfer Tengelmann-Saal neu gegründet. Anders, als in der Weimarer Republik gibt es jetzt eine überparteiliche und überkonfessionelle Einheitsgewerkschaft.
Der erste DGB-Vorsitzende Heinrich Melzer und seine Kollegen fordern bei der ersten Maikundgebung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Verbesserung der Versorgung und „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, offensichtlich ein Dauerbrenner, der bis heute aktuell geblieben ist. Weitere Ziele, die die Gewerkschaften ein Jahr nach Kriegsende verfolgen, sind die Sozialisierung der Schlüsselindustrien, die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer und die Entnazifizieruntg der Verwaltung und des öffentlichen Dienstes. Der 1. Mai 1946 wird nicht auf dem Rathausmarkt, sondern auf einem Sportplatz an der Südstraße begangen. Obwohl oder vielleicht auch gerade, weil es den Menschen damals schlechter als heute geht, finden vor 70 Jahren rund 10 000 Mülheimer am Tag der Arbeit den Weg zur Maikundgebung.
Dieser Text erschien am 30. April 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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