Sonntag, 15. Juli 2018

25 Jahre Seelsorger in St. Engelbert: Pastor Michael Clemens zieht eine Zwischenbilanz

Pastor Michael Clemens vor seinem Pfarrhaus
Einen ganzen Tag lang feierte die 5000 Seelen zählende Gemeinde St. Engelbert mit ihrem Pastor Michael Clemens jetzt dessen silbernes Orts-Jubiläum als Pfarrer und Pastor in Eppinghofen. Die Gemeinde, die er seit 1993 leitet, gehört seit 2006 zur Pfarrgemeinde St. Barbara. Im Gespräch mit der Mülheimer Woche zieht der 1981 zum Priester geweihte Michael Clemens eine Zwischenbilanz.

Mit welchem Gefühl kamen Sie 1993 nach Eppinghofen?
Clemens: Mit dem Gefühl: Das kannst du und das machst du. Ich hatte ja vorher schon etliche Jahre als Kaplan Seelsorge-Erfahrung in Gelsenkirchen-Schalke und in Duisburg-Meiderich sammeln können.

Auf was für einen Menschenschlag sind Sie hier getroffen?
Clemens: Auf bodenständige Menschen, die geradeaus sind und sagen, was ihnen gefällt und was nicht. Damit kann ich gut umgehen. Außerdem ist Eppinghofen heute mehr denn je ein multikultureller Stadtteil. Wir haben hier katholische Christen aus aller Welt.

Ist das ein Problem oder ein Vorteil?
Clemens: Überall, wo Menschen zusammen leben und zusammenarbeiten, knirscht es auch schon mal im Gebälk. Aber wir sind hier eine kreative Mischung aus Menschen, die mit ihren unterschiedlichen Talenten und Traditionen bereit sind mit anzufassen und Gemeinde zu leben. Ich bin wirklich froh, hier in St. Engelbert auf einen harten Kern von etwa 200 Menschen bauen zu können, die sich vielseitig und ehrenamtlich, etwa als Wortgottesdienstleiter, Begräbnisleiter, Kommunionhelfer oder Katecheten engagieren, damit Menschen gemeinsam Gemeinde und Glauben leben und aus der frohen Botschaft Hoffnung schöpfen können. Und deshalb traue ich unserer Kirche hier noch eine Menge zu.

Kann Kirche in einem multikulturellen Stadtteil integrationsfördernd wirken?
Clemens: Auf jeden Fall. Der christliche Glaube verbindet uns in unserem Stadtteil auch über konfessionelle Grenzen mit unseren evangelischen und freikirchlichen Geschwistern, mit denen wir heute selbstverständlich Gottesdienste feiern und zu gemeinsamen Veranstaltungen einladen. Gerade erst habe ich mit einem aus Italien stammenden Gemeindemitglied gesprochen, das hier bei uns seine Liebe fürs Leben gefunden hat und mir sagte: „Ich fühle mich hier angenommen.“ Besser geht es nicht. So sollte es sein. Katholisch bedeutet ja auch weltumfassend. Das kann man hier in Eppinghofen erleben.

Aber viele Menschen in ihrer Gemeinde habe Angst um die Zukunft der Gemeinde.
Clemens: Natürlich lassen der demografische Wandel und Kirchenaustritte auch unsere Gemeinde kleiner werden. Ich sage meinen Gemeindemitgliedern immer: Ob die Kirche bei euch im Dorf bleibt, hängt von euch selbst ab. Natürlich versuche ich als Priester mit einer lebensnahen Liturgie und Seelsorge und als Präses der Kolpingfamilie auch mit theologischer Bildungsarbeit meinen Teil dazu beizutragen. Aber letztlich kommt es auf den tatkräftigen Einsatz unserer Gemeindemitglieder an. Und da sind wir Gott sei Dank gut aufgestellt, einschließlich eines wieder leicht ansteigenden Gottesdienstbesuches.

Aber Ihre 1907 eingeweihte und mit Geldern der Familie Thyssen bezahlten Kirche steht auf der Kippe.
Clemens: Sie steht nicht auf der Kippe, sondern nur vor einer neuen Nutzung, die wir in drei bis fünf Jahren mit einem Investor realisieren wollen. Die Pläne der Gemeinde hat der Ruhrbischof bereits abgesegnet.

Und wie sehen diese Pläne aus?
Clemens: Der Kirchenturm soll als Landmarke und der Chorraum als Gottesdienstraum erhalten bleiben. Das übrige Kirchenschiff könnte dann als Gemeindezentrum und als Wohnraum genutzt bzw. vermietet werden.

Sie sind jetzt 69 und können bei guter Gesundheit noch sechs Jahre als Pastor St. Engelbert leiten. Und dann?
Clemens: So lange ich das kann, werde ich der Gemeinde als Priester vor- und beistehen. Doch der akute Priestermangel zwingt uns dazu, mehr Laien theologisch auszubilden und etwa als Wortgottesdienstleiter oder als Begräbnisleiter einzusetzen. Das kann der Gemeinde gut tun, weil es ihr mehr Lebenserfahrung verschafft. Aber für mich ist angesichts des Priestermangels auch klar, dass der Zölibat keine Erfolgsgeschichte ist und es keine theologischen Gründe gibt, die dagegen sprächen, Frauen und verheiratete Männer zum Priesteramt zuzulassen.

Dieser Text erschien am 13. Juli 2018 im Lokalkompaß & in der Mülheimer Woche

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