In die Kirche gehen? Um Gottes Willen. So denken und sagen es viele. Warum
eigentlich? Von vielen Gottesdienst-Muffeln hört man, dass sie keine Lust darauf
hätten, sich Predigten anzuhören, die an ihrer Lebenswirklichkeit vorbeigehen
und wenn es ganz schlecht läuft, eher als Droh- denn als Frohe Botschaft von der
Kanzel auf sie hernieder kommen. Dass es anders geht, zeigten gestern die
karnevalistischen Gottesdienste in der katholischen Sankt-Engelbert-Kirche und
in der evangelische n Immanuelkirche. Da predigten Pastor Michael Clemens und
Pfarrer Michael Manz als klug reimender Bütteneredner im Priestergewand und als
Engel im Praktikum nicht nur mit Herz und Verstand, sondern auch mit Spaß an der
Freude über das „Wunder der Mitmenschlichkeit“ und „über die allzu menschlichen
Baustellen des Lebens.“ Da sprang denn auch der Funke auf jeweils rund 150
Gottesdienstbesucher über. Auch Tanz und Musik, die die Karnevalisten mit in die
Kirche brachten, bereicherten die Liturgie.
Da gab es, man höre und
staune, sogar spontanen Applaus im Kirchenschiff. Das gibt es sonst selbst an
Weihnachten und Ostern, wenn überhaupt, nur alle Jubeljahre. Am Aschermittwoch
ist zwar mit dem Karneval alles vorbei. Aber ein bisschen Spaß und Lebensfreude
tut der Kirche sicher auch zwischen Aschermittwoch und dem 11.11. gut. Und
vielleicht kommt dann ja auch noch die Einsicht dazu, dass man in der nächsten
Session lieber bei einem ökumenischen Karnevals-Gottesdienst gemeinsam lacht
statt zeitgleich nebeneinander.
Dieser Text erschien am 18. Januar 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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