Donnerstag, 21. Januar 2010

Wo Kirche auf Gesellschaft trifft: Das Bistum und sein neuer Bischof luden zum Jahresempfang in die Wolfsburg


Geistige Impulse für das neue Jahr – die sollte es beim Jahresempfang der Katholischen Akademie Die Wolfsburg geben. Deren Leiter, Michael Schlagheck, und Ruhrbischof Franz Josef Overbeck machten mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr deutlich, dass das Ruhrgebiet von der Industrie und auch von der aus christlichen Quellen gespeisten Kultur geprägt wurde. „Wir prägen die Kulturhauptstadt mit”, sagte Schlagheck.


Im Ausblick auf Ruhr-2010-Veranstaltungen in seinem Hause nannte er das mit der Stiftung Mercator und der Landeszentrale für politische Bildung auf drei Jahre angelegte Projekt Jugend-Dialog 2020. Hier treffen sich Jugendliche diverser sozialer, kultureller, ethischer, religiöser und weltanschaulicher Herkunft in der katholischen Akademie, um sich über die Grundlagen eines wertebezogenen Zusammenlebens in unserer Demokratie zu verständigen.
Um die Wertegrundlage unserer Gesellschaft ging es auch Franz Josef Overbeck. Die Arbeit der Wolfsburg selbst sieht er als Ausdruck dafür, dass die selbst von einem Strukturwandel geprägte Kirche im Ruhrbistum „nicht für den Rückzug aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit steht” und „ihren Standort nicht versteckt”. Overbeck machte deutlich, dass soziale Praxis vom Glauben nicht abgespalten werden könne. Angesichts der Fragen nach ethischen Lehren aus der Wirtschafts- und Finanzkrise, nach einem gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung und einer Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Gerechtigkeit unterstrich der Ruhrbischof den Anspruch der Kirche „mitten im Leben zu stehen” und mit dafür zu sorgen, „dass das Leben humaner gestaltet wird”.

Um die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ging es auch dem Politikwissenschaftler Karl Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen in seiner Analyse des Verhältnisses von Wählern und Regierenden. „Wir lieben das Messbare, weil uns die Maßstäbe fehlen”, klagte Korte. Politiker und Wähler müssen sich nach seiner Ansicht von der „Droge der Demoskopie” verabschieden und sich mehr Zeit geben und nehmen, um Politik zu erklären und sie wirken zu lassen. Die Wähler, so Korte, sehnten sich nach mehr Inhalt und „demokratischem Charisma”, das Zukunftsperspektiven aufzeige, handelten bei ihrer Wahlentscheidung aber oft wie Schnäppchenjäger.

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