Es ist nicht nur schwer, einen Arbeitsplatz zu finden, der zu einem passt. Auch Arbeitgeber tun sich heute offensichtlich schwer einen qualifizierten Arbeitnehmer zu finden, der zu ihnen und ihrem
Betrieb passt. Das merkt man gleich, wenn man mit Mitarbeitern des Arbeitgeberservice unterwegs ist, der zur Agentur für Arbeit gehört.
9 Uhr. Der Arbeitstag von AGS-Beraterin Aleksandra Soballa beginnt im Altenheim Carpe Diem an der Hansastraße. Der Koch des Hauses, Andreas Melloh heißt sie mit Kaffee und belegten Brötchen willkommen. Die Beiden kennen sich bereits. „Das hat wirklich gut geklappt und jetzt sind alle Beteiligten zufrieden“, erinnert sich der Küchenchef an die Zusammenarbeit mit Soballa, die ihm eine Küchenhilfe und einen Beikoch und eine Küchenhilfe besorgt hat. In diesem Fall hat sich der gute Eindruck aus zwei Probearbeitstagen auch in der Alltagswirklichkeit der Speldorfer Seniorenresidenz bewahrheitet.
„Für uns sind nicht nur Noten, Abschlüsse und Qualifikationen entscheidend. Wir müssen selbst den Eindruck gewinnen, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber auch menschlich in unser Team passt“, sagen Pflegedienstleiterin Miriam Manns und Hauswirtschaftsleiterin Simone Liesner. Zusammen mit AGS-Frau Soballa gehen Manns und Liesner anonymisierte Lebensläufe durch. Sie zeigen ihnen nur das Bewerberprofil, Geschlecht und Alter an. Der Name und das Erscheinungsbild des Bewerbungsfotos sucht man vergebens. „Das machen wir so, damit sich Arbeitgeber nicht von Äußerlichkeiten ablenken lassen“, erklärt Soballa die Vorgehensweise.
Dennoch räumt Manns ein, „dass das Erscheinungsbild eines Bewerbers und seine oder ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten schon eine entscheidende Rolle spielen, wenn man sich im Vorstellungsgespräch kennengelernt.
Am Ende des Vermittlungsgespräches, dass mit einer Führung durchs Haus endet, suchen sich Manns und Liesner zwei bis drei Bewerberprofile aus, die ihnen interessant erscheinen und die sie in Kürze zu einem Gespräch ins Carpe Diem einladen werden.
11 Uhr: AGS-Frau Sandra Kocks und Edeka-Paschmann Prokurist Markus Trenkner treffen sich an einem Infostand der Arbeitsagentur. Denn dieser Tag (6. April) ist zufälliger Weise auch der Europäische Arbeitgebertag. Auch Kocks macht Trenkner mit einigen Bewerberbögen Appetit auf den oder die künftige Paschmann-Mitarbeiter, die als Koch eine Kochschule aufbauen soll, in der Mitarbeiter der Fleisch- und Fischtheken in Sachen Kochberatung der Kunden geschult werden sollen. Kocks weist Trenkner neben dem Studium der Bewerberprofile auch auf ein Einstiegs- und Qualifizierungsprogramm aufmerksam, mit dem die Agentur für Arbeit die Einstellung von Berufsanfängern finanziell fördert. Dass Trenkner am Ende des Gesprächs, zwei Bewerberbögen zur genaueren Begutachtung der Kandidaten mitnimmt, nachdem er zuvor bereits zehn Vorschläge der AGS-Beraterin geprüft und Teil verworfen hat, zeigt, wie lang der Weg ist, bis Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen kommen und hoffentlich miteinander glücklich werden.
Von diesem Glückszustand sind auch Hamid und Sevda Delic noch weit entfernt. Sie treffen sich um 12 Uhr mit AGS-Berater Dieter Jörgens in ihrem Restaurant und Hotel Hopfensack. Bereits seit einigen Monaten sind Jörgens und die Delics im Gespräch, um einen Koch und eine Servicekraft zu suchen. „Bei einigen Bewerbern hatte ich das Gefühl, dass sie nur deshalb zum Vorstellungsgespräch gekommen sind, um den entsprechenden Stempel für ihre Unterlagen zu bekommen. Eine andere Bewerberin, von der ich im Vorstellungsgespräch einen sehr guten Eindruck gewonnen hatte und die ich eigentlich unbedingt haben wollte, hat mir dann noch kurz vor dem geplanten Arbeitsantritt per SMS abgesagt“, schildert Sevda Delic ihre Frustrationserlebnisse auf der Suche nach einer geeigneten Arbeitskraft. „Gerade in der Gastronomie und in der Hotelerie ist es schwierig, geeignete Fachkräfte zu bekommen. Vor allem die sehr flexiblen Arbeitszeiten, morgens früh und abends spät oder an Wochenenden schrecken viele Bewerber ab“, weiß AGS-Berater Jörgens.
Deshalb haben die Delics in ihrer Not bereits in ihrem Herkunftsland Bosnien nach Fachkräften gesucht und zwei geeignete Bewerber gefunden. Nach der vorgeschriebenen Arbeitsmarkt-Vorrangprüfung hat Jörgens jetzt das Arbeitserlaubnisverfahren für die beiden Bosnier auf den Weg gebracht. Außerdem will er prüfen, ob die Agentur für Arbeit Seva Delic finanziell bei einer Ausbildung zur Ausbilderin zu helfen, damit die Delics künftig ihren eigenen Nachwuchs ausbilden können.
Das auch ein größeres Hotel, wie das Best Western am Forum, über Monate vergeblich nach einem Auszubildenden für das Hotelfach und den Zimmerservice suchen kann, zeigt um 13 Uhr das Gespräch zwischen AGS-Berater Klaus Mertins und Hoteldirektor Moncef Mahmoudi. Mertins und Mahmodi können sich am Ende des Gesprächs nur versichern: „Wir geben nicht auf und bleiben dran!“ Serviceorientierte und kommunikative Hotelkraft mit guten Englisch-Kenntnissen, bitte melden. Auch wenn sein heutiger Termin nicht vor Erfolg gekrönt ist, betont Mertins, wie seine anderen AGS-Kollegen: „Unsere Vor-Ort-Gespräche mit Arbeitgebern sind sehr wichtig, um die Atmosphäre und den Bedarf eines Betriebes genau zu erfassen und so zu erkennen, welcher Mitarbeiter jeweilige ins Haus passen könnte.“
Dieser Text erschien am 9. April 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung
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