Würde der erste Vorsteher der Sparkasse,
Bernhard Dupin, heute die Sparkasse am Berliner Platz besuchen, wäre er sicher
verwirrt ob der prachtvollen Kundenhalle. Auch mit den Geldautomaten und
Selbstbedienungsterminals wüsste der gute Mann nichts anzufangen. Sicher wäre
einer der aktuell gut 500 Sparkassen-Mitarbeiter schnell zu Stelle, um ihm zu
helfen. Dupin, seiner Zeit auch Armensekretär der Stadt, war vor 175 Jahren der
erste und zunächst auch einzige Mitarbeiter der Stadtsparkasse. Als
Geschäftsstelle diente ihm seine eigene Wohnung am Hingberg und ab 1858 an der
Eppinghofer Straße.
Dass der damalige Bürgermeister Christian Weuste als
Vorsteher der im Februar 1842 eröffneten Stadtsparkasse ausgerechnet seinen
Armensekretär mit den Bankgeschäften der Stadtsparkasse beauftragte, hatte
seinen Grund. Weuste wollte vor allem Mülheimer mit kleinem Geldbeutel dazu
anregen, ihr Erspartes bei der Stadtsparkasse auf die hohe Kante zu legen, um
sich damit einen Notgroschen zu schaffen.
Doch von Beginn an war die
Stadtsparkasse, die bis 1958 als städtisches Amt geführt werden sollte, nicht
nur die Bank des kleinen Mannes. Arbeiter und Handwerker gehörten ebenso zu den
ersten Kunden der Bank wie der Unternehmer und Kreditnehmer Matthias Stinnes,
der sich finanziell unter anderem am Bau der Kettenbrücke (1844) beteiligte. Das
Prinzip Bürger-Bank zieht sich wie ein roter Faden durch die wechselvolle
Geschichte der 175 Sparkassenjahre. Das Kundenspektrum reicht vom
Arbeitslosengeld-II-Bezieher bis zum Unternehmer. Überschüsse der Sparkasse, die
seit 1995 auf den Namenszusatz Stadt verzichtet, fließen ins Stadtsäckel oder
ins Stammkapital der 1999 gegründeten Sparkassenstiftung, die seitdem mehr als
70?kommunale Projekte mit insgesamt fast einer Million Euro unterstützt hat. Die
Bandbreite reicht vom Schülerwettbewerb über Umwelt- und Sportprojekte bis hin
zur Wohnumfeldverbesserung.
Wer heute die stadtweit zwölf Filialen der
Sparkasse besucht, mag kaum glauben, dass es bis ins Jahr 1898 dauerte, ehe die
Stadtsparkasse im vormaligen Postamt an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße ihre
erste Geschäftsstelle bekam. Dass Mülheim anno 1908 zur Großstadt mit über
100.000 Einwohnern wurde, die wirtschaftlich florierte, zeigte sich auch 1909
mit dem Sparkassen-Neubau am damaligen Viktoriaplatz. Über dem Portal der damals
neuen Sparkasse wurde eine Skulptur installiert, die wir heute vor der Filiale
an der unteren Aktienstraße stehen sehen, Kinder, die mit einem Geldbeutel auf
einem Sparschwein reiten. Wo seit 2009 im Medienhaus am heutigen Synagogenplatz
gelesen, gesehen und gehört wird, gingen, bis zum Neubau der heutigen
Hauptgeschäftsstelle (1989) Sparer, Anleger und Kreditnehmer ein und
aus.
In den 175 Sparkassenjahren spiegeln sich auch 175 Jahre
Stadtgeschichte. Auch in Mülheim mussten die Sparer während der Hyperinflation
Mitte der 1920er Jahre die Entwertung ihres Ersparten miterleben. Heute erleiden
sie durch eine Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank die schleichende
Entwertung ihrer Guthaben. Im Oktober 1938 war es die Stadtparkasse, die im
Namen der Stadt die benachbarte Synagoge zu einem Spottpreis erwarb. Einen Monat
später ging das 1907 errichtete Jüdische Gotteshaus am damaligen Viktoriaplatz
in den Flammen der von den Nazis entfachten Reichspogromnacht auf. Doch auch die
Stadtsparkasse am Viktoriaplatz blieb vom Krieg nicht verschont und musste
aufgrund von Bombenschäden in den ersten Nachkriegsjahren bei der Stadtkasse im
Rathaus und bei der Deutschen Bank an der Wallstraße Unterschlupf
finden.
Mit der D-Mark kam am 20. Juni 1948 auch in Mülheim die
Währungsreform und mit ihr langsam, aber sicher auch der Wohlstand zurück. Ihr
Geld investierte die Sparkasse in den 50er, 60er und 70er Jahren unter anderem
in den Auf- und Ausbau ihrer Stadtteilfilialen, die eine neue Nähe zu den jetzt
wieder zahlungskräftigen Kunden schuf.
In den 60er und 70er Jahren zogen
auch in der Sparkasse die Kollegen Computer ein. Kaum zu glauben, dass das erste
Rechenzentrum der Sparkasse weniger Speicherplatz als ein heute handelsüblicher
Computer hatte, von Geldautomaten, SB-Terminals und Online-Banking ganz zu
schweigen.
Dieser Text erschien am 18. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ |
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