Donnerstag, 9. März 2017

Eine sichere Bank für alle Bürger: Vor 175 Jahren eröffneten Bürgermeister Christian Weuste und Armensekretär Bernhard Dupindie Stadtsparkasse, die sich seitdem um das kleine und große Geld der Mülheimer kümmert

Sparkasse und Synagoge als Nachbarn am Viktoriaplatz
Dieses Bild bot sich den Mülheimer von 1909 bis 1938
(Archivfoto der Sparkasse Mülheim)

Würde der erste Vorsteher der Sparkasse, Bernhard Dupin, heute die Sparkasse am Berliner Platz besuchen, wäre er sicher verwirrt ob der prachtvollen Kundenhalle. Auch mit den Geldautomaten und Selbstbedienungsterminals wüsste der gute Mann nichts anzufangen. Sicher wäre einer der aktuell gut 500 Sparkassen-Mitarbeiter schnell zu Stelle, um ihm zu helfen. Dupin, seiner Zeit auch Armensekretär der Stadt, war vor 175 Jahren der erste und zunächst auch einzige Mitarbeiter der Stadtsparkasse. Als Geschäftsstelle diente ihm seine eigene Wohnung am Hingberg und ab 1858 an der Eppinghofer Straße.

Dass der damalige Bürgermeister Christian Weuste als Vorsteher der im Februar 1842 eröffneten Stadtsparkasse ausgerechnet seinen Armensekretär mit den Bankgeschäften der Stadtsparkasse beauftragte, hatte seinen Grund. Weuste wollte vor allem Mülheimer mit kleinem Geldbeutel dazu anregen, ihr Erspartes bei der Stadtsparkasse auf die hohe Kante zu legen, um sich damit einen Notgroschen zu schaffen.

Doch von Beginn an war die Stadtsparkasse, die bis 1958 als städtisches Amt geführt werden sollte, nicht nur die Bank des kleinen Mannes. Arbeiter und Handwerker gehörten ebenso zu den ersten Kunden der Bank wie der Unternehmer und Kreditnehmer Matthias Stinnes, der sich finanziell unter anderem am Bau der Kettenbrücke (1844) beteiligte. Das Prinzip Bürger-Bank zieht sich wie ein roter Faden durch die wechselvolle Geschichte der 175 Sparkassenjahre. Das Kundenspektrum reicht vom Arbeitslosengeld-II-Bezieher bis zum Unternehmer. Überschüsse der Sparkasse, die seit 1995 auf den Namenszusatz Stadt verzichtet, fließen ins Stadtsäckel oder ins Stammkapital der 1999 gegründeten Sparkassenstiftung, die seitdem mehr als 70?kommunale Projekte mit insgesamt fast einer Million Euro unterstützt hat. Die Bandbreite reicht vom Schülerwettbewerb über Umwelt- und Sportprojekte bis hin zur Wohnumfeldverbesserung.

Wer heute die stadtweit zwölf Filialen der Sparkasse besucht, mag kaum glauben, dass es bis ins Jahr 1898 dauerte, ehe die Stadtsparkasse im vormaligen Postamt an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße ihre erste Geschäftsstelle bekam. Dass Mülheim anno 1908 zur Großstadt mit über 100.000 Einwohnern wurde, die wirtschaftlich florierte, zeigte sich auch 1909 mit dem Sparkassen-Neubau am damaligen Viktoriaplatz. Über dem Portal der damals neuen Sparkasse wurde eine Skulptur installiert, die wir heute vor der Filiale an der unteren Aktienstraße stehen sehen, Kinder, die mit einem Geldbeutel auf einem Sparschwein reiten. Wo seit 2009 im Medienhaus am heutigen Synagogenplatz gelesen, gesehen und gehört wird, gingen, bis zum Neubau der heutigen Hauptgeschäftsstelle (1989) Sparer, Anleger und Kreditnehmer ein und aus.

In den 175 Sparkassenjahren spiegeln sich auch 175 Jahre Stadtgeschichte. Auch in Mülheim mussten die Sparer während der Hyperinflation Mitte der 1920er Jahre die Entwertung ihres Ersparten miterleben. Heute erleiden sie durch eine Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank die schleichende Entwertung ihrer Guthaben. Im Oktober 1938 war es die Stadtparkasse, die im Namen der Stadt die benachbarte Synagoge zu einem Spottpreis erwarb. Einen Monat später ging das 1907 errichtete Jüdische Gotteshaus am damaligen Viktoriaplatz in den Flammen der von den Nazis entfachten Reichspogromnacht auf. Doch auch die Stadtsparkasse am Viktoriaplatz blieb vom Krieg nicht verschont und musste aufgrund von Bombenschäden in den ersten Nachkriegsjahren bei der Stadtkasse im Rathaus und bei der Deutschen Bank an der Wallstraße Unterschlupf finden.

Mit der D-Mark kam am 20. Juni 1948 auch in Mülheim die Währungsreform und mit ihr langsam, aber sicher auch der Wohlstand zurück. Ihr Geld investierte die Sparkasse in den 50er, 60er und 70er Jahren unter anderem in den Auf- und Ausbau ihrer Stadtteilfilialen, die eine neue Nähe zu den jetzt wieder zahlungskräftigen Kunden schuf.

In den 60er und 70er Jahren zogen auch in der Sparkasse die Kollegen Computer ein. Kaum zu glauben, dass das erste Rechenzentrum der Sparkasse weniger Speicherplatz als ein heute handelsüblicher Computer hatte, von Geldautomaten, SB-Terminals und Online-Banking ganz zu schweigen.


Dieser Text erschien am 18. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ





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