Freitag, 28. Oktober 2016

Integration am Ball: Fußball macht aus Fremden Freunde - Ein Turnier des TBD Speldorf zeigt es



Dabei sein war alles: "Familienfoto" der Turnierteilnehmer

Die Flüchtlingsfußballer vom Team des Awo-Jugendwerkes
„Houssam indirekt!“ ruft Leopold Nienhaus seinem Spieler zu, der zum Freistoß gegen TUS Union 09 antritt. Der Ball geht am Tor vorbei. Auch wenn sich Housam ärgert, weil das Spiel gegen den späteren Turniersieger TUS Union mit 0:1 verloren geht, ist sein Trainer zufrieden. Denn drei Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage bescheren seinem Team am Ende Platz 3. „Beim Frühjahrsturnier konnten die Jungs als Letzte nur einen Fairness-Pokal gewinnen. Heute spielen sie schon wirklich gut und schießen endlich auch Tore,“ lobt Nienhaus.
Der 19-jährige Abdal Houssam aus dem Irak ist einer der Flüchtlinge, die als Mannschaft des Jugendwerkes der Arbeiterwohlfahrt beim Sommerturnier des TBD Speldorf angetreten ist.

Die jungen Männer aus Syrien, dem Irak, Ghana, Nigeria und Marokko spielen nicht nur an diesem Turniertag auf der Sportanlage des TBDs an der Langensiepenstraße. Seit April trainieren sie hier auch dienstags und freitags zusammen mit den Spielern des Speldorfer Clubs. Als die Bezirks-Geschäftsführerin des Awo-Jugendwerkes, Nadia Khalaf, auf der Suche nach einer geeigneten Spiel- und Trainingsstätte für die Flüchtlinge suchte, wurde sie unerwartet schnell bei ihrem Landesgeschäftsführer-Kollegen Torsten Otting fündig, der bei den alten Herrn des TBD Speldorf mitspielt. „Anfangs gab es gewisse Vorbehalte. Aber das hat sich schnell gegeben. Die Jungs sind wirklich in Ordnung und wir sprechen jetzt beim Training öfter Englisch“, erzählt der Vorsitzende des 1895 gegründeten und heute 180 Mitglieder zählenden TBD Speldorf, Michael Weber.

Man kommt sich näher

Beim Bier oder Wasser nach dem Training oder nach dem Spiel ist man sich auch menschlich näher gekommen. Dann erzählen die jungen Männer, die seit einigen Monaten in den Flüchtlingsunterkünften an der Mintarder Straße und an der Holzstraße leben auch von ihren Fluchterlebnissen. Das Schlimmste, so hört man von ihnen, sei es gewesen nachts bei Regen mit kaputten Klamotten unterwegs zu sein. Ob sie über die Balkanroute oder über das Mittelmeer kamen, die Angst war immer ihr Begleiter. TBD-Spiele Ralf Weidemann kommt nach seinen Gesprächen mit den neuen Fußball-Kollegen zu dem Ergebnis „Den meisten Bürgern fehlen die Informationen darüber, unter welchen Nöten und unter welcher Perspektivlosigkeit und Todesangst die Flüchtlinge in ihrer Heimat leben mussten und weshalb sie zu uns gekommen sind.“
Der 23-jährige Leopold Nienhaus, der als ehrenamtlicher Vorsitzender des Kreisjugendwerkes der Awo die Fußballer mit Fluchtgeschichte trainiert, findet: „Man sollte mehr machen als mehr reden. Und das sollte hier jeder mal machen, weil die Begegnungen mit diesen Menschen einem mögliche Kontaktängste nehmen und zeigen, welchen Schatz die Flüchtlinge mitbringen.“ Bei Spielen und Trainingseinheiten merkt der angehende Erzieher, der über einen Freiwilligendienst zur Jugendwerk der Awo kam, „dass es den Jungs gut tut, sich mal richtig auszupowern.“ Auch als Turnierzuschauer an der Langensiepenstraße merkt man sofort: Fußball verbindet und seine klaren Regeln werden über alle Sprachbarrieren hinweg verstanden.

Sie wollen ihre Talente einbringen

Der TBD-Vorsitzende Michael Weber ist vor allem vom Torwart, dem 18-jährigen Elias aus Ghana, begeistert. „Der hält, wie ein Weltmeister. Den können wir demnächst an Bayern München verkaufen“, scherzt er. Von einer Karriere als Fußball-Profi träumen David (41), Abdal Houssam (19), Elias (18), Mohammed (21), Hamid (22) und Hassan (19). Sie träumen davon, so sagen sie übereinstimmend, „dass unsere Asylanträge positiv beschieden werden, dass wir einen Sprachkurs besuchen und unsere Talente hier einbringen können.“ In ihrer Heimat waren die Flüchtingsfußballer Abiturient, Student, Versicherungskaufmann oder Computeringenieur. Ihr Potenzial und ihre Motivation sind mit Händen zu greifen. „Der Fußball ist für uns eine schöne Abwechslung und die Menschen hier sind sehr freundlich zu uns. Aber das Warten und die Unsicherheit machen krank“, spricht David seinen Mannschaftskameraden und Schicksalsgenossen aus dem Herzen.

Förderung vom Land

Nadia Khalaf kann sich vorstellen, die jungen Männer langfristig auch in die Arbeit des Awo-Jugendwerkes einzubinden, das Freizeit,- Ferien- und Bildungsangebote vor allem für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche organisiert. Jetzt ist sie aber erst mal froh darüber, dass die Flüchtlingsmannschaft nicht nur mit Hilfe des TBD Speldorf, sondern auch mit Fördermitteln des Landesfamilienministeriums ausgestattet werden konnte. „Bälle, Trikots und Fußballschuhe haben wir schon. Jetzt brauchen die Jungs nur noch ordentliche Schienbeinschoner“, sagt Khalaf und hofft auf eine Möglichkeit, dass das Team des Jugendwerkes in den Wintermonaten vielleicht in einer Fußballhalle an der Schmitzbauerstraße spielen kann. Weitere Informationen über die Arbeit des Awo-Jugendwerkes bietet die Internetseite: www.jugendwerk.de

Dieser Text erschien am 12. September 2016 in der Mülheimer Woche

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