Samstag, 12. Juni 2010

Wie geht es rund um den Kaufhof-Komplex weiter? Leerstehende Ladenlokale machen das Quartier an der Unteren Schloßstraße zunehmend unattraktiv


Ab morgen ist beim Bäcker Kamps am Kaufhof der Ofen aus. Heute hat die Filiale an der Friedrich-Ebert-Straße ihren letzten Verkaufstag. Auf einem Schild werden die Kunden auf die Kamps-Bäckerei im Hauptbahnhof hingewiesen. „Unsere Kunden sind sehr traurig. Sie würden gerne sehen, wenn Kamps hier bleibt. Nach der Schließung des Kaufhofes ist es zwar etwas weniger geworden. Aber wir hatten trotzdem viele Stammkunden und auch Laufkundschaft, die an der Haltestelle aus- und eingestiegen sind und dann bei uns Brot und Brötchen gekauft haben“, berichtet Verkäuferin Eda Yelik . Und Kundin Andrea Wiebels stimmt ihr zu: „In der Innenstadt sieht es traurig aus. Da gibt es nicht mehr viel Attraktives und hier an der unteren Ecke der Schloßstraße eigentlich gar nichts mehr. Wir brauchen wieder ein Kaufhaus und Fachgeschäfte mit einem attraktiven Sortiment.“Herbert Sonnenberg , der mit den leerstehenden Ladenlokalen des Kaufhofs im Rücken an der zentralen City-Haltestelle auf seine Bahn wartet und sich regelmäßig über Verspätungen ärgert, sieht es ähnlich: „Wir haben hier fast nur noch Ein-Euro-Läden und können kaum etwas kriegen.“


Der City-Manager der Mülheimer Stadtmarketinggesellschaft ( MST), Dennis Fischer muss sich von Amts wegen mit der Misere befassen und summiert die Leerstände im Quartier: Rund 10 000 Quadratmeter im Ende Mai geschlossenen Kaufhof, 260 Quadratmeter im ehemaligen Woolworth-Kaufhaus, das zuletzt für einen Fabrikmöbelverkauf genutzt wurde und 300 bis 400 Quadratmeter in den drei leerstehenden Ladenlokalen an der Friedrich-Ebert-Straße. Hinzu kommen noch 250 Quadratmeter des ehemalige WMF-Ladenlokales an der unteren Schloßstraße, das auf einen neuen Mieter wartet. „Alles hängt an der Nachnutzung des Kaufhofes. Da brauchen wir schnellstens Klarheit. Den Planungssicherheit ist im Einzelhandel das A und O“, betont Fischer. Er ist bereits mit einem Interessenten für eines der leerstehenden Ladenlokale an der Friedrich-Ebert-Straße im Gespräch, der seine Investition in den Standort aber davon abhängig macht, dass an die Stelle des Kaufhofes ein neues Kaufhaus oder Einkaufszentrum tritt.


Der Investor und Eigentümer der Kaufhof-Immobilie, J ochen Hoffmeister möchte sich aber nicht auf einen Zeitplan festlegen, wann was am Kaufhof, wie er sagt: „total umgemodelt wird.“ Um Planungs- und Handlungsfreiheit für das neue Nutzungskonzept des alten Kaufhof-Komplexes zu gewinnen, lässt er auch die alten Kaufhof-Mietverträge Ende Juni auslaufen. Das dortige Kundencenter der Mülheimer Verkehrsgesellschaft ist bereits ausgezogen und wird, laut Fischer, am 14. Juni an seinem neuen Standort am Löhberg, direkt am Aufgang des U-Bahnhofes Stadtmitte eröffnet.Ausziehen muss Ende Juni auch der Kamps-Nachbar Wurst und Co .


Sein Betreiber, der Gastronom des unweit gelegenen Bistros Di Lara, Servet Akdemir , möchte mit Wurst und Co die Straßenseite wechseln und auf der unteren Schloßstraße einen neuen Imbissstand eröffnen. Doch bei der Stadt hat er dafür bisher kein grünes Licht bekommen. „Mit dem Forum alleine kann die Innenstadt nicht überleben“, betont Akdemir und rät, die Innenstadtaktivitäten nicht allein auf die obere Schloßstraße zu konzentrieren.Mit einem ähnlichen Vorhaben, wie dem Akdemirs, sind die Obst- und Gemüsehändler Angelika und Thomas Scheidtsteger bereits gescheitert. Sie wollten ihr Weihnachtsmarkt-Holzhaus an der unteren Schloßstraße zur Dauereinrichtung machen. Denn ihr Mietvertrag im alten Woolworth-Gebäude, dessen Eigentumsverhältnisse laut Citymanager Dennis Fischer derzeit ungeklärt sind, läuft Ende des Monats aus. Dann werden sie sich ganz auf ihre Marktaktivitäten an der oberen Schloßstraße konzentrieren. Dabei machen beide keinen Hehl daraus, dass sie gerne an der unteren Schloßstraße geblieben wären, weil sie mit der von der zentralen Haltestelle gespeisten Kundenfrequenz sehr zufrieden waren. „Die hätten das Kaufhaus nicht gehen lassen dürfen“, meint Angelika Scheidtsteger und ihr Mann Thomas findet es schade, „dass es in Mülheim so schwer ist, etwas zu bewegen.“


Zeitungsfrau Dorothea Schaaf steht mit ihrem Kiosk an der unteren Schloßstraße wie ein Fels in der Brandung. Ihren Stammkunden sei Dank. „Ich stecke den Kopf nicht in den Sand, sondern halte durch. Meine Familie hat hier 1949 angefangen und wir haben schon viel durchgemacht. Ich hoffe aber, dass man jetzt bald mal hier in die Pötte kommt und nicht 20 Jahre braucht, bis Mülheim dann ganz kaputt ist.“


Nur ein Mitarbeiter der Kamerabörse an der Friedrich-Ebert-Straße stimmt nicht in den Chor der Skeptiker und Kritiker ein, die schlechte Verkehrsführung und fehlende Parkplätze und Kundenströme in die Einkaufszentren beklagen. Er glaubt, dass der Trend wieder zum Fachgeschäft geht und ist mit der Kundenfrequenz an der zentralen Haltestelle zufrieden. Allerdings: Mit dieser Meinung möchte er namentlich nicht genannt werden.


Dieser Text erschien am 12. Juni 2010 in der NRZ

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