Theater beim Gemeindefest? Das hört sich nach Ärger an. Doch im Falle der Saarner Gemeinde St. Mariae Himmelfahrt war es das reine Vergnügen. Zwölf Gemeindemitglieder nahmen die Gäste auf eine Zeitreise mit. In eineinhalb Stunden erlebten die Zuschauer 800 Jahre Klostergeschichte. Leicht gekürzt, versteht sich.
Als die jungen Damen der von Kantor Werner Schepp geleiteten Singschule in Nonnentracht und mit lateinischem Gesang in den Innenhof von Kloster Saarn einzogen, mochte man an die Rückkehr der Zisterzienserinnen glauben, die anno 1808 ihr Kloster Saarn hatten verlassen müssen, weil Napoleon es so wollte. Auf das musikalische Vorspiel folgte ein kurzweiliges Theaterstück, geschrieben von Wolfgang Geibert und inszeniert von Michael Bohn, bei dem die Laienschauspieler aus der Gemeinde mit Herzblut und Spaß an der Freude ihre Rollen als Klosterfrauen, Erzbischof, Äbtissin oder Abt ausfüllten. Auch der zwischenzeitliche Segen von oben oder der eine oder andere Textaussetzer konnten das Theatervergnügen im Saarner Klosterhof nicht schmälern.
Herrlich, wie Ludger Theile als Abt von Kamp: "Ich bin jetzt nicht mehr der von eben, sondern ein anderer, weil wir schon wieder 400 Jahre weiter sind" das Publikum durch Zeit, Raum und Handlung führte. Amüsant auch der Dialog, in dem die erste Äbtissin Wolbernia (Christa Horn), dem Erzbischof Engelbert von Köln (Alvin May) die wirtschaftlichen Nöte des Klosters näherbringen wollte, während der sichtlich nur bedingt interessierte Bischof aus dem Segnen nicht mehr herauskam. Gut lachen konnte man mit einigen Jahrhunderten Abtand auch über die Gardinenpredigt, die die Äbtissin Anna von Deutz (Mechthild Werry) ihren Mitschwestern anno 1622 hielt, weil die es mit der benediktinischen Ordenssregel: "Ora et labora" nicht mehr so genau nahmen. Kein Wunder, dass sich die vorlaute Novizin angesichts der strengen und asketischen Klosterregeln am Ende der Strafpredigt überlegte: "Vielleicht werde ich doch nicht die Braut Christi, sondern die Braut des Obermeßdieners Max."
Sichtlich Spaß an ihrer Rolle hatten auch die beiden "Engel" Michael Raaben und Jens Ammann, die sich als Gewehr- und Tapetenfabrikanten aus ihrer himmlischen Perspektive heraus über die weltliche und wirtschaftliche Nutzung des Klosters nach 1808 unterhielten, ehe sich der ganz irdische Zeitzeuge Hermann-Josef Hüßelbeck an die 70er Jahre erinnerte, als er mit seiner Familie im Kloster lebte und zusammen mit seinen Nachbarn die dortigen Ausgrabungen der Archäologen in der ersten Reihe miterlebte. Nach dem Abzug der Archäologen, so erinnerte sich Hüßelbeck, hätten die Klosterbewohner selbst zur Schippe greifen müssen, um die im Klosterhof hinterlassenen Gräben wieder zu schließen.
Dieser Text erschien am 12. Juni im Ruhrwort
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