Montag, 14. Juni 2010

Fritz Buchloh: Eine Mülheimer Fußballlegende oder: Als Deutschlands Nummer Eins aus Speldorf kam

Seit Freitag und aus deutscher Sicht spätestens seit gestern dreht sich also alles, oder sagen wir, fast alles um den Fußball. Auch viele von denen, die sonst den Sportteil der Zeitung links liegen lassen, werden gespannt verfolgen, wie weit es unsere Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika bringt und Jogis Jungs die Daumen drücken.Allerdings, beim Stichwort Nationalmannschaft denkt man heute in Mülheim in lokalem Patriotismus nicht an Fußball, sondern höchstens an Hockey und den HTC Uhlenhorst.Das war zwischen 1932 und 1936 anders.

Damals hütete der Torwart des VFB Speldorf, Fritz Buchloh, immerhin 17 Mal das Tor der deutschen Nationalmannschaft. Durch seine Spiele für die Auswahlmannschaften der Region Niederrhein und des Westdeutschen Fußballverbandes war Reichstrainer Otto Nerz auf den jungen Torhüter des VFB aufmerksam geworden. Kurz nach seinem Abitur, das Buchloh 1930 am heutigen Karl-Ziegler-Gymnasium bestanden hatte, saß der damals 20-jährige Torhüter bei einem Länderspiel gegen Norwegen erstmals auf der Ersatzbank.Seinen ersten Einsatz im Trikot der Nationalmannschaft erlebte Buchloh im Dezember 1932 bei einem Länderspiel gegen die Niederlande in Düsseldorf. Bei seiner Premiere musste der Speldorfer den Ball allerdings zwei Mal aus dem deutschen Netz holen. Das Spiel ging mit 0:2 verloren. Auch sein zweites Länderspiel, das er am 1. Januar 1933 gegen Italien absolvierte, endete mit einer deutschen Niederlage. Dennoch wurde Buchloh von der Sportpresse als „Held von Bologna“ gefeiert. Denn als er in der 50. Spielminute gegen seinen großen Konkurrenten Hans Jakobs von Jahn Regensburg eingewechselt wurde, stand es aus deutscher Sicht bereits einigermaßen aussichtslos 1:3.Doch Buchloh sorgte mit einer Serie von spektakulären Glanzparaden dafür, dass der Weltklasse-Sturm der Italiener, die 1934 erstmals Fußballweltmeister werden sollten, zu keinem weiteren erfolgreichen Torschuss kam. „Das hast du gut gemacht“, bescheinigte Reichstrainer Otto Nerz seinem Mülheimer Torwart. Und Buchloh selbst erinnerte sich später: „Es spielte sich alles so ab, als sei es ein Traum.“

Doch für den Helden von Bologna wurden nicht alle Träume wahr. 1934 gehörte er zwar zu der deutschen Mannschaft, die während der zweiten Fußballweltmeisterschaft in Italien immerhin Dritter wurde, kam aber während des Turniers nicht zum Einsatz. Mehr Glück hatte er dagegen beim Olympischen Fußballturnier in Berlin, als er etwa am 4. August 1936 beim 9:0-Sieg über die Auswahl Luxemburgs den deutschen Kasten sauber hielt.Berlin wurde für Buchloh zeitweise zur Wahlheimat. Hier studierte er bei Otto Nerz an der Hochschule für Leibesübungen und erwarb sein Diplom als Sportlehrer. Nebenbei spielte er bei Herta BSC. Später hängte er noch einige Jahre bei Schwarz Weiß Essen dran. In Essen verdiente er sein Geld bei der Stadtverwaltung, nachdem er 1930 bei der Stadt Mülheim in die Verwaltungslehre gegangen war.Buchloh, der am 13. September 1936 beim 1:1 gegen Polen sein letztes Länderspiel bestreiten sollte, gehörte noch zu der Fußballer-Generation, die für, aber nicht von ihrem Sport lebten. Später machte Buchloh keinen Hehl daraus, dass er den kommerzialisierten Profifußball „mit Unbehagen“ sehe, „weil er zwar zur Perfektionierung des Fußballsportes beiträgt, aber den Idealismus und die Selbstständigkeit des freien sportlichen Entfaltens spürbar einengt.“Auch nach dem Ende seiner aktiven Spielerlaufbahn blieb Buchloh dem Fußball verbunden, engagierte sich nach Krieg und Gefangenschaft zum Beispiel als Nationaltrainer in Island und später zum Beispiel als Schatzmeister des Bundes deutscher Fußballlehrer und als Vorsitzender seines Vereins VFB Speldorf.

Als Buchloh im Juli 1998 starb, würdigte der VFB seinen Ehrenvorsitzenden als „ein leuchtendes Vorbild für den Nachwuchs“, der den Namen seines Vereins „weit über die Grenzen Mülheims hinaus“ bekannt gemacht habe.

Dieser Text erschien am 14. Juni 2010 in der NRZ

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