„Early Excellence.“ Das hört sich extravagant an. Doch auf den ersten Blick
macht die städtische Kindertagesstätte Hummelwiese, die seit 2008 nach diesem
pädagogischen Konzept arbeitet einen ganz normalen Eindruck. Kurz vor Neun.
Eltern bringen ihre Kinder. Der Lärmpegel steigt. Jasmin Schuh bringt ihren
fünfjährigen Sohn Levi zur Hummelwiese ins Heißener Folkenborntal. „Auch ich war anfangs skeptisch, weil ich
gehört hatte, dass es bei Early Excellence keine Regeln und Strukturen gäbe“,
erinnert sich Schuh an die Zeit der Anmeldung. „Doch dann habe ich mir die
Einrichtung genauer angeschaut und das, was ich gesehen habe, hat mich
überzeugt“, sagt die Mutter. Nach den zwei Jahren, die Levi, in der Hummelwiese
verbracht hat, hat sie den Eindruck gewonnen, „dass mein Sohn im Alltag viel
selbstständiger geworden ist, als andere Jungs in seinem Alter.“
Einrichtungsleiter Michael Voßebein gibt zu: „Wir müssen
oft Vorbehalte überwinden, weil Eltern glauben, dass es in unserer Kita keine
Regeln gibt. Deshalb laden wir skeptische Eltern gerne zu einer Hospitation ein.
Und wenn sie dann sehen, wie wir hier arbeiten, sind ihre Vorbehalte weg.“ Auch
auf der Hummelwiese kann nicht jeder machen, was er will. Alle Kinder wechseln
ihre Straßenschuhe gegen Hausschuhe. Und dann gehen sie erst mal zum Morgenkreis
ihrer Bezugsgruppe. 81 Kinder verteilen sich auf acht Bezugsgruppen, die jeweils
von einer Bezugserzieherin betreut werden.
Morgenkreis. Das bedeutet:
Neun bis zehn Kinder versammeln sich auf einem runden Teppich und berichten an
diesem Montag, was sie am Wochenende erlebt haben. Da wird vom Geburtstag des
Vaters, von einer Halloween-Party oder auch von einem Ausflug ins Grüne
berichtet, bei dem Jakob Eicheln entdeckt und in seiner Hosentasche gleich
mitgebracht hat. Begeistert holt er sie hervor und zählt sie von 1 bis 12 durch.
„Zappel bitte nicht, sondern setz dich gerade hin und hör zu, wenn die anderen
Kinder erzählen“, ermahnt Erzieherin Kirsten Johansen-Loos ein Mädchen, das
abzuschweifen droht und sich dann aber eines Besseren besinnt. Deutlich
kuscheliger, als in den Bezugsgruppen der Drei- bis Sechsjährigen, geht es bei
Erzieherin Barbara Laux zu. Sie betreut eine der beiden Nestgruppen für ein- und
zweijährige Kinder. Der Raum ist kleiner. Ein kleines Spiegelzelt, ein
gemütliches Sofa, ganz viele Kuscheltiere und eine überschaubare Zahl von
Holzspielzeugen bestimmen das Bild. Fiona, die es sich auf dem Schoß ihrer
Erzieherin gemütlich macht betrachtet zusammen mit Laux und ihren Spielkameraden
Imrik und Marlene voller Begeisterung ein Bilderbuch, in dem es um Tiere geht.
„Da ist ja ein Seehund“, ruft Imrik begeistert.
Derweil trennen sich im
Flur an der Metallwand mit den Magnetknöpfen, die alle von einem Bild ihres
Besitzers geziert werden, die Wege der Kinder. Zwei Jungs, die auf jeden Fall
etwas gemeinsam machen wollen, diskutieren noch, ob sie jetzt lieber in den
Bauraum oder zum Malen und Basteln ins Atelier gehen sollen. Derweil stellt
Celine fest, „dass ich meinen Magnetknopf zu Hause vergessen habe.“ Erzieherin
Ellen Krüger tröstet: „Kein Problem. Davon haben wir noch einige auf
Lager.“
Astor und Oskar wissen mit und ohne Magnetknopf, dass sie erst
mal mit den kleinen Holzautos den Flur zur Rennstrecke machen wollen. Ein wildes
Hin und Her beginnt, das Erzieherin Nina Hunhoff aus der umzäunten Bauecke mit
einem Auge im Auge behält. Sie lässt die kleinen Rennfahrer gewähren. Doch als
sich einer von ihnen an einer Raumpflanze am Rande der Rennstrecke zu schaffen
machen will, bremst sie ihn sofort aus: „Bleibst du da bitte weg!“
Ganz
ohne Ermahnung räumt dagegen Karl seine Holzbauklötze weg, bevor er im Bauraum
in die Lego-Ecke wechselt. „Das machen wir hier immer so“, betont er. Man(n)
staunt! Während einige Kinder ihre Gummistiefel anziehen, um mit einer
Erzieherin zum Spielen aufs Außengelände zu wechseln, zeigen Ben, Isabell und
Hadja im Atelier, dass sie auch schon mit 4 oder 5 ihren Namen schreiben können.
Und Louis zeigt, wie man aus einem Pappbecher und einer Toilettenpapierrolle ein
Mikrofon machen kann.
Dieser Text erschien am 3. November 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung
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