Dienstag, 16. Oktober 2018

Swingende Poesie

Es wäre zu viel gesagt, wenn man behaupten würde, dass das Art-Obscura-Team mit seinem Art-Shop an der Ecke Löhberg/Schloßstraße für blühende Landschaften gesorgt hätte. Doch nach der Workshop-Phase konnte man sich am Sonntagabend davon überzeugen, dass Bilder, Collagen, Installation und kolorierte Möbel Farbe, Form und Fröhlichkeit in den grauen Ladenleerstand des ehemaligen Waffelwunderlandes gebracht haben.

Dazu passte auch der farbige und fröhliche Abend, den Jazz-Sängerin Eva Kurowski und ihre Begleiter am Klavier, Dirk Balthaus, ihren Zuhörern im Art-Shop bereiteten. Mit toller Stimme, Poesie, Witz und einem Schuss Frivolität begeisterte Kurowski ihr Publikum. Und ihr Pianist, der Kurowski bereits als 16-Jähriger bei ihren Bühnenanfängen begleitet hat, fand immer die richtige musikalische Untermalung, um das gesungene und gesprochene Wort perfekt zu Gehör zu bringen. Mit ihren Jugenderinnerungen „Der liebe Gott schmiert keine Stullen“ nahm Kurowski ihr milde nickendes und lachendes Publikum mit auf ihre Zeitreise in die siebziger Jahre, als ihr musisch-marxistischer Vater noch für die Weltrevolution und den Weltfrieden trompetete und seine Tochter bei der Ostermärschen durchs Ruhrgebiet ihre ersten Gesangsauftritte erlebte. Dass sie, ganz der Vater, auch heute noch auf die Straße geht, um die Welt ein bisschen besser zu machen, unterstrich sie zwischen ihren Liedern über Liebe, Lust, Künstlerleben, Hoffnung, Verzweiflung, Klugheit, Dummheit und andere Lebenslagen mit ihrer Erzählung aus dem Hambacher Forst und den Demonstrationen gegen den Braunkohletagebau.

 „Das war schön da. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschheit doch noch mal zu Verstand kommt und ihre Smartphones wegwirft oder zumindest nicht mehr auflädt.“ Die schönen und tragik-komischen Momente des Lebens wusste Kurowski in der zweiten Halbzeit ihres Kleinkunstabends im Art-Shop nicht nur mit Jazz-Balladen, sondern auch mit Aphorismen und Kurzgeschichten, wie der über Frau Papadopolou und ihren Badeanzug, der als vermeintlich fette Beute aus dem Mittelmeer gefischt wird, während seine Besitzerin die Vorzüge des Naktbadens entdeckt.

Dieser Text erschien am 16. Oktober 2018 in NRZ/WAZ

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