Samstag, 6. Oktober 2018

"Dieser Tag zeigt uns, dass es immer Hoffnung gibt"


Astrid Timmermann-Fechter, Ursula Schröder, Heidi und Michael
Synowzik und Christina Küsters
„Dieser Tag zeigt uns, dass es immer Hoffnung gibt“, sagt CDU-Chefin Astrid Timmermann-Fechter am Tag der Deutschen Einheit. Ihre Partei hat mit Michael Synowzik einen Kronzeugen für den menschlichen Mehrwert der Deutschen Einheit zu ihren Herbstgesprächen ins Medienhaus eingeladen.

Dort hören etwa 200 Mülheimer Synowziks ergreifende Fluchtgeschichte aus der real-existierenden DDR. 13 Jahre jung war er damals, als er mit seinem Vater und „Tante Susi“ durch die Berliner Abwasserkanalisation vom Ost- in den Westteil der deutschen Hauptstadt floh. „Wir brauchten für 450 Meter acht Stunden“, erinnert sich Synowzik an die unterirdische Flucht, bei dem ihm im Oktober 1961 das Wasser tatsächlich bis zum Hals stand und er buchstäblich durch die Sch… waten und einmal sogar untertauchen musste, um von den Häschern der DDR-Volkspolizei an der gerade erst errichteten Mauer unentdeckt zu bleiben.

Anschaulich und berührend beschreibt der heute mit seiner Frau Heidi in Ratingen lebende Berliner seine Gefühlslage zwischen Hoffen und Bangen. Denn die drei DDR-Flüchtlinge hatten damals bereits zwei gescheiterte Fluchtversuche aus dem vermeintlichen Arbeiter- und Bauern-Paradies der SED hinter sich. „Wir wussten, dass auch die Kanalausgänge von der Grenzpolizei bewacht wurden und waren uns bis zuletzt nicht sicher, ob wir wirklich schon im Westen angekommen waren, als wir uns entschlossen, einen der 90 Kilo schweren Gullideckel anzuheben und aus der Kanalisation aufzusteigen. Aber als ich als erstes ein Auto mit dem schwarzen Kennzeichen B für Berlin auf einem weißen Schild erkannte, wusste ich, dass wir es in die Freiheit geschafft hatten“, erinnert sich Synowzik an den vielleicht entscheidendsten Moment seines Lebens. „Die ersten Jahre im Westen Deutschlands waren für uns als Flüchtlinge schwer. Aber als ich 1967 meine spätere Frau Heidi kennen lernte und wir 1970 heirateten, begann für mich mein zweites Leben“, sagt Synowzik, der heute als Rentner auf ein erfolgreiches Berufsleben als gelernter Schriftsetzer und Inhaber einer Werbeagentur zurückblicken kann.“

Und er sagt am Ende seiner spannenden Geschichtsstunde auch noch das: „Auch wenn wir heute bei uns im Land viele Unebenheiten haben, müssen wir doch glücklich sein, dass wir in einem freien und demokratischen Land leben. Also machen wir was daraus und nutzen unsere Chance.“ Mehr zum Thema findet man im Internet unter: www.michaelsynowzik-kanalflucht1961.de. 

Dieser Text erschien am 5. Oktober 2018 in NRZ und WAZ

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Augen auf bei der Berufswahl

  Was soll ich werden? Bei dieser lebensentscheidenden Frage, die man sie sich vor dem Schulabschluss zwangsläufig stellen muss, bekamen etw...