Montag, 27. Mai 2019

Ein Pfarrer geht, der andere kommt


Manfred von Schwartzenberg (links) und Christian Böckmann
Mit einem vorgezogenen Pfarrfest, das am 25. Mai um 17 Uhr mit einem Gottesdienst in St. Barbara am Schildberg beginnt und am 26. Mai fortgesetzt wird, verabschiedet die Pfarrgemeinde ihren scheidenden Seelsorger Manfred von Schwartzenberg und begrüßt ihren neuen Pfarrer Christian Böckmann, der ab dem 1. Juni auch Pfarrer von St. Mariä Himmelfahrt wird. Vor dem Stabwechsel trafen sich die beiden Geistlichen zum Tischgespräch.

Herr von Schwartzenberg, mit welchem Gefühl scheiden Sie aus Ihrem Amt und welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg.

Schwartzenberg: Jeder Abschied fällt schwer. Aber ich empfinde vor allem Dankbarkeit für eine erfüllte Zeit, in der ich als Priester alles machen kannte, was und wie ich es wollte. Ich bin dankbar für die vielen, lieben und aktiven Menschen, auf die auch mein Nachfolger und sein Kollege, der als Pastor ab 1. September in St. Barbara sein wird, bauen können, wenn sie berücksichtigen, dass die etwa 200 ehrenamtlich Aktiven in St. Barbara daran gewohnt sind, frei und selbstständig zu arbeiten.

Pfarrer für zwei sehr unterschiedliche Pfarrgemeinden mit jeweils rund 16.000 Seelen zu sein, macht Ihnen diese Aufgabe keine Angst, Herr Böckmann?

Ich habe Manschetten vor meiner neuen Aufgabe. Ich habe auch noch kein fertiges Konzept. Vieles werde ich erst in der Praxis ausprobieren und lernen müssen. Aber ich trete mein neues Amt als Doppel-Pfarrer von St. Barbara und St. Mariä Himmelfahrt auch mit einer gewissen Gelassenheit an, weil ich weiß, dass es in beiden Pfarrgemeinden sehr selbständige und kompetente Menschen gibt, die mit ihren unterschiedlichen Begabungen zum Beispiel als Katecheten, Wortgottesdienst- und Beerdigungsleiter, in der Trauerpastoral oder auch bei der Verwaltung unserer Immobilien und als Mitglieder der Kirchenvorstände und der Pfarrgemeinderäte Gemeinde mittragen können. Anders wird es auch nicht gehen können.

Wie müssen Pfarrer und Ihre Gemeinden heute auf die Strukturkrise reagieren, in der sich die katholische Kirche befindet?

Schwartzenberg: Pfarrer können heute nicht mehr so auftreten, als hätten Sie die Wahrheit gepachtet. Pfarrer und Gemeindemitglieder müssen glaubwürdig das tun, wohinter sie stehen. Das ist ein Gebot der seelischen Hygiene. Wir dürfen uns an den unbestreitbaren Problemen des kirchlichen Lebens nicht festfressen, sondern müssen als Gemeinden immer wieder die Frohe Botschaft, dass die Liebe Gottes zu den Menschen in Jesus gegenwärtig geworden ist, in den Blick nehmen und leben.

Böckmann: Wir müssen als Pfarrer und Gemeindemitglieder noch stärker als bisher miteinander und zusammen Christen sein und dabei eine Großzügigkeit entwickeln, die auch mögliche Fehler verzeiht. Wenn alte Strukturen zerbrechen, kann das auch zu neuen Chancen und Freiräumen führen. Wir dürfen über alle Strukturdebatten die Freude am Glauben und die Begegnung und Gemeinschaft nicht vergessen, die Kirche stiften kann.

Zwingt der akute Priestermangel in der katholischen Kirche nicht zur Aufgabe des Pflichtzölibates?

Böckmann: Für uns als Kirche muss es darum gehen, sicherzustellen, dass wir auch weiter die Sakramente feiern können. Und vielleicht ist der Priestermangel ja auch ein Fingerzeig des Heiligen Geistes, der uns darauf hinweist, dass der Pflichtzölibat für den Zugang zum Priesteramt nicht erforderlich ist. Ich kenne viele verheiratete Theologen und Frauen, die mit dem Charisma der Seelsorge begabt sind und denen ich das Priesteramtes sofort zutrauen würde.

Schwartzenberg: Mein Eindruck ist, dass unser Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck in dieser Frage nicht blind ist. Er sieht und weiß, was kommen wird.

Wie kann die Kirche die durch die Missbrauchsfälle im Priesteramt entstandene Existenzkrise überleben?

Böckmann: Menschliches Versagen wird uns immer begleiten. Aber wir müssen die Opfer konsequent in den Blick nehmen, und das nicht nur mit Lippenbekenntnissen, sondern mit Taten.

Schwartzenberg: Die Leitung des Bistums ist das Thema des Missbrauchs mit großer Offenheit angegangen und ich kann die Verantwortlichen nur ermutigen, diesen Weg weiterzugehen.

Wie kann eine kleinere Kirche in einer pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft ihre soziale und geistliche Relevanz bewahren?

Schwartzenberg: Die Kirche braucht das Feuer der Liebe. Sie muss kompromisslos für die Wertschätzung des Menschen eintreten und ihm Antworten auf seine existenziellen Fragen geben: Woher komme ich und wohin gehe ich?

Böckmann: Die Kirche darf sozialpolitisch nicht schwächeln. Sie muss den Menschen klar machen, was sie von der Wiege bis zur Bahre etwa in Kindertagesstätten, Familienbildungsstätten, in der Jugendarbeit, bei der Caritas, in Krankenhäusern und Pflegeheimen oder in der Trauerpastorale leistet. Der Weckruf des Papstes: „Diese Wirtschaft tötet“ mahnt und motiviert uns kompromisslos dafür einzutreten, dass die Würde des Menschen nicht den Erfordernissen einer ökonomisierten Gesellschaft geopfert werden darf.

Zur Person:

Der 1971 zum Priester geweihte Manfred von Schwartzenberg feiert am 20. Mai seinen 75. Geburtstag. Bevor er 1992 Pfarrer von St. Barbara wurde, war der 1971 zum Priester geweihte Theologie als Seelsorger in Gelsenkirchen und Mülheim sowie als Militärseelsorger in Augustdorf und Bonn tätig. Zwischen 1993 und 2007 war er Mülheimer Stadtdechant. Sein Nachfolger als Pfarrer von St. Barbara ist der 1962 geborene und 1990 zum Priester geweihte Christian Böckmann. Böckmann ist noch bis zum 1. Juni Diözesanbeauftragter für die Krankenhausseelsorge und seit einem Jahr Pfarradministrator in St. Mariä Himmelfahrt. Seine ersten 20 Priester-Jahre verbrachte er in St. Urbanus (Gelsenkirchen).
Dieser Text erschien am 18. Mai 2019 im Neuen Ruhrwort

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