Freitag, 9. Juli 2010

Hans Günter Bruns: Ein bodenständiger Fußballprofi mit Mülheimer Wurzeln

Am Mittwoch verlor Deutschland das WM-Halbfinale gegen Spanien mit 0:1. An die Begegnung beider Mannschaften hat Hans-Günter Bruns ebenfalls schlechte Erinnerungen. "Bei einem Unentschieden wären wir weiter gewesen. Aber dann haben wir durch ein Kopfballtor in der 90. Minute unglücklich verloren und waren aus dem Turnier", erinnert sich der heute 55-Jährige Ex-Fußball-Profi aus Mülheim an die Niederlage gegen Spanien, die er als Ersatzspieler auf der deutschen Reservebank miterlebte und die Deutschland 1984 das Europameisterschafts-Aus in der Vorrunde brachte. Auch im Europameisterschaftsfinale 2008 sollte Deutschland ebenfalls mit 0:1 das Nachsehen gegen Spanien haben. Jetzt hoffte Bruns mit allen anderen deutschen Fans vergeblich auf ein glücklicheres Ende für die deutsche Nationalmannschaft, in deren Trikot er selbst viermal gespielt hat.

Dennoch sieht Bruns, dessen Fußballerlaufbahn beim RSV in Heißen und bei Rot Weiß Mülheim begann, nachdem er bereits als kleiner Knirps in einer Straßenmannschaft am Winkhauser Weg gekickt hatte, die von den Medien geschürte Weltmeisterschaftseuphorie "sehr durchwachsen". Vor allem die Fernsehkommentare zu den WM-Spielen sind aus seiner Sicht als Fußballer "ahnungslos" und deshalb das Geld der Rundfunkgebührenzahler nicht wert. Obwohl Bruns keinen Hehl daraus macht, dass er in seiner Zeit als Fußballprofi bei Clubs wie Schalke 04, Wattenscheid 09, Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengladbach "wirklich gutes Geld verdient hat", empfindet er den medialen und kommerziellen Trubel um den heutigen Profifußball als "zu wenig realitätsbezogen und abgehoben".Der Profi, der seine Spielerkarriere, während der er in Mülheim wohnen blieb, nach 366 Bundesliga-Spielen in 17 Jahren 1990 beendete, schätzt, dass sich die Spielergehälter nicht zuletzt durch lukrative Werbeverträge seitdem etwa verzehnfacht haben dürften.

Obwohl der gelernte Versicherungskaufmann Bruns als Trainer des Zweitligisten Rot Weiß Oberhausen heute auch sein Geld mit Fußball verdient, hat er immer Wert darauf gelegt, "dass der Spaß am Fußball nicht unter die Räder kommt." Deshalb zog es Bruns, der in den frühen 80er und 90er Jahren den VFB Speldorf trainierte, auch immer zu Clubs, in denen es eher familiär zugeht.Kann er aus seiner eigenen Erfahrung ambitionierten Nachwuchsspielern eine Profikarriere in der Bundesliga empfehlen? "Wenn man das Talent und die Qualität dazu hat, sollte man es probieren, aber auch zweigleisig fahren und eine Berufsausbildung machen. Denn eine Fußballerkarriere kann auch schnell zu Ende sein, wenn man sich zum Beispiel verletzt oder doch nicht so gut ist, wie man es selbst geglaubt hat", erklärt Bruns.

Was den früher von ihm trainierten VFB Speldorf angeht, sieht er mit der NRW-Liga , für die jetzt das Ruhrstadion umgebaut wird, die sportlichen und finanziellen Möglichkeiten ausgereizt, weil sich die zahlungskräftigen Sportsponsoren, die es in Mülheim gebe, eher für Tennis und Hockey als für Fußball interessierten.

Dieser Text erschien in leicht veränderter Fassung am 7. Juli 2010 in der NRZ

2 Kommentare:

  1. An das Ausscheiden 1984 bei der EM in Frankreich gegen Spanien in letzter Minute kann ich mich auch noch sehr gut erinnern, und es hat mir - trotzdem ich zur Hälfte Spanierin bin - damals auch verdammt wehgetan. Soweit ich mich erinnere, war die Karriere in der Nationalmannschaft für Hans-Günter Bruns danach leider beendet, und zwar hauptsächlich weil Franz Beckenbauer, der dann das Sagen hatte, ganz klar Bayern-Spieler bevorzugte. Schade! Für mich war Hans-Günter Bruns immer einer der besten Spieler und ist heute einer der besten Trainer. Ich hoffe, daß wir diesbezüglich bald wieder von ihm hören. Fußball ohne diesen charismatischen Mann macht nämlich viel weniger Spaß! Er ist so absolut echt - und das ist m.E. so selten in der Branche. Ich danke ihm für die vielen Jahre, in denen er mir und vielen anderen Fußballverrückten so viel Freude bereitet hat, und ich wünsche ihm alles erdenklich Gute.

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  2. Zunächst mal: Ich besitze sowohl die deutsche als auch die spanische Staatsangehörigkeit, und die Niederlagen 1984, 2008 und 2010 haben mich sowohl mit Freude für "meine" Selección als auch mit großer Enttäuschung über die Niederlage "meiner" DFB-Elf erfüllt. Aber natürlich verliere "ich" - wenn es schon sein muß - lieber gegen Spanien als gegen irgendein anderes Land dieser Welt ;-).
    Hans-Günter Bruns war und ist für mich einer der konstant besten Spieler, die die Bundesliga in den 80er Jahren zu bieten hatte. Daß er nicht öfter das DFB-Trikot trug, ist für mich nach wie vor absolut unverständlich.
    Ich vermisse Spieler-Persönlichkeiten wie ihn heute sehr. Hoffentlich sehen wir Hans-Günter Bruns nach RWO, wo ihm meiner Meinung nach echtes Unrecht widerfahren ist, irgendwann wieder auf einer Trainerbank in der Bundesliga. Das würde mich sehr freuen. Fußballerischen Sachverstand haben viele, Charakter leider wenige. Er hat beides im Überfluß. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute!

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