„Mit 17 hat man noch Träume“, sang einst Peggy March. Das ist Schlager. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Mit 17 oder 18 den eigenen Alltag zu organisieren und in den eignen vier Wänden so zu wirtschaften, dass am Ende des Monats die Rechnung aufgeht, ist kein Kinderspiel.Die erste eigene Wohnung. Das klingt, wie ein Traum. Es kann aber auch zum Alptraum werden, wenn man zwischen ungewaschener Wäsche und unbezahlten Rechnungen den Überblick verliert.Deshalb haben die Caritas-Sozialdienste, unterstützt von der Jugendhilfe und dem Kommunalen Sozialen Dienst, das Projekt Wohnstart 17 plus ins Leben gerufen.
Dahinter verbirgt sich eine Wohngemeinschaft in bester Innenstadtlage, in der zurzeit vier 17- und 18 Jahre junge Frauen das selbstständige Leben im eigenen Haushalt lernen. Unterstützt werden sie dabei von zwei Sozialarbeiterinnen der Caritas, die regelmäßig in der WG vorbeischauen, um bei Alltagsfragen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das könne bei der Frage „Wie mache ich eigentlich Kartoffelpüree?“ anfangen und bei der Frage „Wie eröffne ich mein eigenes Konto“ aufhören, berichtet die Sozialarbeiterin und Projektkoordinatorin Anne Genau. Was den sozialen Mehrwert der Wohnstart-17-Plus-WG ausmacht, ist die Tatsache, dass hier junge Menschen beim Start ins selbstständige Leben unterstützt werden, die es in ihrem Leben bisher nicht leicht hatten, weil sie zum Beispiel aus konfliktbeladenen Familien kommen und deshalb etwa in Heimen oder Pflegefamilien groß werden mussten.
Die 18-jährige Djeljan, deren Familie aus Serbien nach Deutschland kam, ist eine der vier Bewohnerinnen. Sie nimmt die Starthilfe der 17-Plus-WG gerne in Anspruch: „Im Haushalt bin ich schon sehr selbstständig, aber wenn es darum geht, wie ich mit meinem Geld umgehe, brauche ich doch noch jemanden, der mir unter die Arme greift“, sagt die junge Frau, die in einem Heim aufgewachsen ist, über sich selbst. Die erste eigene Wohnung bezog sie mit einem Freund. Doch das ging schief. „Auch mit der Schule hatte ich Probleme“, erzählt Djeljan.Eine
In dieser verzweifelten Situation war sie sehr froh, als ihr beim Jugendamt der Wohnstart 17 plus als Ausweg vorgeschlagen wurde. „Die hängen sich hier wirklich rein“, bescheinigt die 18-Jährige den beiden Sozialarbeiterinnen und Pädagoginnen Ines Wegmann und Carolin Brückner, die im Auftrag der Caritas die Starter-WG begleiten. Mit ihrer Hilfe hat Djeljan neuen Mut gefasst. Nach dem Um - und Einzug will sie jetzt erst mal ihren Hauptschulabschluss in Angriff nehmen und anschließend eine Ausbildung in einem sozialen Beruf starten, vielleicht als Pflegekraft in einem Altenheim.
Projektkoordinatorin Anne Genau macht deutlich, dass das Leben in der WG nur ein Übergang in die eigenen vier Wände sein kann, der nicht länger als zwölf Monate dauern sollte. Bürgermeisterin Renate aus der Beek, die der Caritas bei der WG-Einweihung bescheinigte „Nicht erst auf die Mittel von Europäischen Union oder vom Bund gewartet zu haben, sondern die Not erkannt und selbst gehandelt zu haben“, versprach denn auch, ihre Kontakte zu nutzen, um der Caritas bei der Suche nach Sponsoren und Wohnungen für die 17-Plus-Wohnstarter zu helfen. Schon jetzt könnte die WG zum Beispiel Sponsoren für ein Fernsehgerät, einen Haushaltszuschuss für Ausflüge oder eine leistungsfähigere Küche gebrauchen.
Die Caritas bezahlt die Personalkosten für die Betreuung der 17-Plus-WG und übernimmt die Strom- und Telefonkosten. Die Miete für ihre WG-Wohnung, die aus vier Wohnräumen, einem Bad, einer Küche und einem gemeinsamen Wohnzimmer besteht, finanzieren die Bewohnerinnen aus der Hilfe zum Lebensunterhalt, die ihnen im Rahmen der Jugendhilfe zusteht sowie durch Bafög und andere Ausbildungsbeihilfen. Auch wenn jetzt nur junge Frauen in der Starter-WG leben, können auch junge Männer das Wohnförderangebot nutzen.
Dieser Text erschien am 1. Juli 2010 in der NRZ
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