Samstag, 6. April 2019

90 Jahre St. Mariae Geburt


Kirche in der Stadt: Die Petrikirche & St. Mariae Geburt
Mit einem Hochamt feierte die 16.000 Mitglieder zählende Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt am 10. März den 90. Weihetag ihrer Pfarrkirche. Vom evangelischen Architekten Emil Fahrenkamp im Bauhausstil errichtet, ist das Gotteshaus bis heute zeitlos modern. Die auch mit der finanziellen Hilfe der
Industriellenfamilie Thyssen und zahlreicher Sachspenden Mülheimer Unternehmen errichtete Kirche ist die dritte Marienkirche an der Althofstraße. Der von Jesuiten 1786 errichteten Marien-Kapelle folgte die 1872 eingeweihte Marienkirche. Doch weil im Zuge der Industrialisierung immer mehr katholische Arbeitskräfte und ihre Familien in das protestantisch geprägte Mülheim zogen und 1927 bereits 36 Prozent der Bevölkerung stellten, sah sich Pfarrer und Stadtdechant Konrad Jakobs Ende der 1920er Jahre zum Kirchenneubau gezwungen. Auch wenn Jakobs den evangelischen Architekten Fahrenkamp und seinen modernen Bauhausstil gegen Widerstände aus der eigenen Gemeinde durchsetzen musste, war der zehnmonatige Kirchenbau am Vorabend der Weltwirtschaftskrise ein willkommenes Arbeitsbeschäftigungsprogramm. Auch daran dachte der nicht nur seelsorgerisch, sondern auch sozialpolitisch aktive Konrad Jakobs, der unter anderem als Caritas-Gründer in die Stadtgeschichte eingegangen ist.

Die Erweiterung seiner Marienkirche um eine von der Familie Thyssen gestiftete Taufkapelle im Jahr 1937 erlebte der 1931 verstorbene Jakobs ebenso wenig wir ihre weitgehende Zerstörung durch einen alliierten Luftangriff im Juni 1943. Während der NS-Zeit traf sich die von Hitler unerwünschte katholische Jugend im nichtöffentlichen Kirchenraum der Krypta unter dem Altarraum. 
Der Wiederaufbau der Kirche dauerte fast ein ganzes Jahrzehnt. Zwischenzeitlich feierten die Gemeindemitglieder ihre Gottesdienste im benachbarten Altenhof. Mit einem Kreuzweg am Innenportal der Kirche, der Gestaltung des Altarraums und seiner Chorwand, die das Himmlische Jerusalem symbolisiert, setzte der in der Pfarrgemeinde geborene, lebende und aktive Bildhauer Ernst Rasche (1926-2017) in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren mit einer genialen Zeichensprache wichtige optische und liturgische Zeichen.
Auch wenn die Zahl der Mülheimer Katholiken schrumpft, allein im vergangenen Jahr verließen mehr als 800 Menschen die katholische und evangelische Stadtkirche, darf man wohl auch mit Blick in die absehbare Zukunft davon ausgehen, dass St. Mariae Geburt zusammen mit dem Kloster Saarn und seiner Kirche St. Mariä Himmelfahrt ein wichtiges Zentrum des christlich-katholischen und ökumenischen Glaubenslebens bleiben wird. Jeweils rund 50.000 der 170.000 Mülheimer sind noch Mitglieder der beiden großen christlichen Kirchen. Beide Kirchen haben in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem aus demografischen Gründen jeweils etwa 10.000 Mitglieder verloren. Die seit der Reformation des 16. Jahrhunderts evangelische Petrikirche (ihre Ursprünge reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück) ist nur wenige Meter von der dritten katholischen Marienkirche entfernt. Ökumenische Friedensgebete, ökumenische Kirchenhügelfeste, die Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und im Bündnis der Religionen für den Frieden und der im Advent 2019 erstmals ökumenisch ausgerichtete Jahresempfang der christlichen Kirchen weisen den Weg in eine ökumenische Zukunft, in der die Christen der unterschiedlichen Konfessionen mehr verbindet als sie trennt. 

Dieser Text erschien am 9. März 2019 im Neuen Ruhrwort

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