Wenn die heute knapp 19 000 Dümptener von ihrem Stadtteil reden, sprechen sie gern vom „Königreich.“ Das zeugt von einer besonders intensiven Verbindung mit ihrem Stadtteil. Diese rührt ebenso wie der Begriff aus einer Zeit, als Dümpten eine eigenständige Landbürgermeisterei war.Als Dümptens Bürgermeister Paul Beuther (1850-1917), ein altgedienter preußischer Offizier, unter anderem mit einem Festumzug und hoch zu Ross in sein neues Amt eingeführt wurde, sollen Leute auf der Straße gerufen haben: „Das ist ja wie in einem Königreich.“ Soweit die Legende.
Heute erinnert die Paul-Beuther-Straße neben dem 1908 errichteten und inzwischen als Bürgerbegegnungsstätte genutzten Bürgermeisteramt an der Mellinghofer Straße (Foto) an die Jahre der Dümptener Eigenständigkeit. Ironie der Geschichte: Während die Landbürgermeistereien Styrum und Broich 1904 bereits nach Mülheim eingemeindet wurden, wurde Dümpten eben in diesem Jahr zur Bürgermeisterei erhoben.Das hatte sicher auch mit dem enormen Bevölkerungswachstum zu tun. Dümpten, das damals vor allem vom Bergbau und von der Landwirtschaft lebte, hatte seine Einwohnerzahl von 1871 bis 1907 auf gut 12 000 vervierfachen können. In dem Königreich wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts noch Kohle gemacht. Hier gab es mit Sellerbeck und Roland gleich zwei Zechen. Während Sellerbeck schon im Jahre 1905 stillgelegt wurde, förderte man auf Roland das schwarze Gold noch bis 1928 zu Tage. Dort standen 1906 immerhin 863 Bergleute in Lohn und Brot.
Vieles von dem, was das Dümptener Stadtteilleben bis heute prägt, war damals schon vorhanden: die beiden Kirchen am Schildberg und an der Oberheidstraße, die Straßenbahn, mit der man für zehn Pfennige von der Mellinghofer Straße zum heutigen Hauptbahnhof fahren konnte, ein kaiserliches Postamt, das heute als Pizzeria genutzt wird, Volksschulen und die beiden Sportvereine DTV und TV Einigkeit. Während der Dümptener Turnverein bei Gründung der Landbürgermeisterei schon seit 19 Jahren existierte, sollte sich der TV Einigkeit erst zwei Jahre später gründen.Was überrascht, ist die Tatsache, dass es in der vor 1904 zur Landbürgermeisterei Styrum gehörenden Landbürgermeisterei Dümpten bereits drei katholische, fünf evangelische und eine jüdische Volksschule gab.Neben dem Schulwesen gehörten unter anderem auch die Armenfürsorge und der Wegebau zum Verantwortungsbereich der Landbürgermeisterei. Beuther und seine Verwaltung, zu der auch die beiden Beigeordneten Schaap-haus und Hellweg gehörten, trieben unter anderem den Ausbau der Mühlenstraße voran. Sie erhöhten die Lehrergehälter und ließen am Wenderfeld eine weitere evangelische Volksschule errichten, die ab 1965 als Sonder- und heute als Förderschule genutzt wird.Eine Apotheke, zwei Kassenärzte, eine Ortskrankenkasse und eine Sparkasse komplettierten die öffentliche Infrastruktur der Landbürgermeisterei.
Ironie der Geschichte: Kaum war der Bau des Bürgermeisteramtes, in dessen Keller das örtliche Gefängnis untergebracht war, vollendet, fuhr der Zug der Zeit auch schon in Richtung Eingemeindung. Der Trend der Zeit ging zu Großstädten. Dümpten konnte sich dem Sog Mülheims, das 1908 die 100 000-Einwohner-Schwelle zur Großstadt überschritten hatte, nicht entziehen.Die 1908 begonnenen Eingemeindungsverhandlungen wurden am 19. November 1909 mit der Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages abgeschlossen. Er sah unter anderem vor, dass das vorhandene Restvermögen der Landbürgermeisterei auch in Dümpten verbleiben und investiert werden sollte. Der Dümptener Gemeinderat und die Ortskrankenkasse wurden aufgelöst, während die örtliche Sparkasse und eine Einwohnermeldestelle erhalten blieben. Unklar blieb am Tag der Eingemeindung, dem 1. April 1910, nur die Zukunft des kaiserlichen Postamtes. Die Belange der Dümptener Bürger wurde nun von drei der damals 66 Stadtverordneten wahrgenommen, die dem neuen Stadtteil Dümpten zugestanden worden waren.
Dieser Text erschien am 1. April 2010 in NRZ und WAZ
Heute erinnert die Paul-Beuther-Straße neben dem 1908 errichteten und inzwischen als Bürgerbegegnungsstätte genutzten Bürgermeisteramt an der Mellinghofer Straße (Foto) an die Jahre der Dümptener Eigenständigkeit. Ironie der Geschichte: Während die Landbürgermeistereien Styrum und Broich 1904 bereits nach Mülheim eingemeindet wurden, wurde Dümpten eben in diesem Jahr zur Bürgermeisterei erhoben.Das hatte sicher auch mit dem enormen Bevölkerungswachstum zu tun. Dümpten, das damals vor allem vom Bergbau und von der Landwirtschaft lebte, hatte seine Einwohnerzahl von 1871 bis 1907 auf gut 12 000 vervierfachen können. In dem Königreich wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts noch Kohle gemacht. Hier gab es mit Sellerbeck und Roland gleich zwei Zechen. Während Sellerbeck schon im Jahre 1905 stillgelegt wurde, förderte man auf Roland das schwarze Gold noch bis 1928 zu Tage. Dort standen 1906 immerhin 863 Bergleute in Lohn und Brot.
Vieles von dem, was das Dümptener Stadtteilleben bis heute prägt, war damals schon vorhanden: die beiden Kirchen am Schildberg und an der Oberheidstraße, die Straßenbahn, mit der man für zehn Pfennige von der Mellinghofer Straße zum heutigen Hauptbahnhof fahren konnte, ein kaiserliches Postamt, das heute als Pizzeria genutzt wird, Volksschulen und die beiden Sportvereine DTV und TV Einigkeit. Während der Dümptener Turnverein bei Gründung der Landbürgermeisterei schon seit 19 Jahren existierte, sollte sich der TV Einigkeit erst zwei Jahre später gründen.Was überrascht, ist die Tatsache, dass es in der vor 1904 zur Landbürgermeisterei Styrum gehörenden Landbürgermeisterei Dümpten bereits drei katholische, fünf evangelische und eine jüdische Volksschule gab.Neben dem Schulwesen gehörten unter anderem auch die Armenfürsorge und der Wegebau zum Verantwortungsbereich der Landbürgermeisterei. Beuther und seine Verwaltung, zu der auch die beiden Beigeordneten Schaap-haus und Hellweg gehörten, trieben unter anderem den Ausbau der Mühlenstraße voran. Sie erhöhten die Lehrergehälter und ließen am Wenderfeld eine weitere evangelische Volksschule errichten, die ab 1965 als Sonder- und heute als Förderschule genutzt wird.Eine Apotheke, zwei Kassenärzte, eine Ortskrankenkasse und eine Sparkasse komplettierten die öffentliche Infrastruktur der Landbürgermeisterei.
Ironie der Geschichte: Kaum war der Bau des Bürgermeisteramtes, in dessen Keller das örtliche Gefängnis untergebracht war, vollendet, fuhr der Zug der Zeit auch schon in Richtung Eingemeindung. Der Trend der Zeit ging zu Großstädten. Dümpten konnte sich dem Sog Mülheims, das 1908 die 100 000-Einwohner-Schwelle zur Großstadt überschritten hatte, nicht entziehen.Die 1908 begonnenen Eingemeindungsverhandlungen wurden am 19. November 1909 mit der Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages abgeschlossen. Er sah unter anderem vor, dass das vorhandene Restvermögen der Landbürgermeisterei auch in Dümpten verbleiben und investiert werden sollte. Der Dümptener Gemeinderat und die Ortskrankenkasse wurden aufgelöst, während die örtliche Sparkasse und eine Einwohnermeldestelle erhalten blieben. Unklar blieb am Tag der Eingemeindung, dem 1. April 1910, nur die Zukunft des kaiserlichen Postamtes. Die Belange der Dümptener Bürger wurde nun von drei der damals 66 Stadtverordneten wahrgenommen, die dem neuen Stadtteil Dümpten zugestanden worden waren.
Dieser Text erschien am 1. April 2010 in NRZ und WAZ
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