Wir wissen es alle. Die demografischen Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Unsere Gesellschaft wird immer älter und bunter. Das heißt: Wir müssen uns auf eine Gesellschaft vorbereiten, in der immer weniger junge mit immer mehr alten Menschen zusammenleben. Hinzu kommt: Viele, die heute jung sind und damit die Erwachsenen von morgen sind, kommen aus anderen Ländern und Kulturkreisen zu uns.
Wir brauchen Zuwanderung, um als Gesellschaft mit einer schwachen Geburtenrate langfristig überleben zu können. Doch das funktioniert auch nur, wenn wir eine gemeinsame soziale Werte-Basis erarbeiten. Einen praktischen Beitrag dazu leistet ein vorbildliches Gemeinschaftsprojekt, das die Sozialpädagogin Vahide Tig vom Jugendzentrum Stadtmitte und Elke Dormann-Juckewicz von der Seniorentagesstätte der Arbeiterwohlfahrt auf die Schiene gesetzt haben.
Alle 14 Tage treffen sich 16 Kinder und Jugendliche mit den Besuchern der Altentagesstätte an der Bahnstraße. "Alte und junge Menschen sollen nicht nur nebeneinander, sondern miteinander leben und gemeinsam aktiv werden", erklärt Tig die Idee ihres Projektes. Dabei hat sie im Hinterkopf, dass gerade Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien keinen direkten Kontakt zu ihren Großeltern mehr haben, weil die, weit ab von Deutschland, in ihren Ursprungsländern leben.
So geht es zum Beispiel der 13-jährigen Cathy Pembele, deren Großmutter in Angola lebt. Da ist nur telefonischer Kontakt möglich und das auch nur ab und zu. Umso mehr genießt sie den Kontakt zu der 77-jährigen Elena Gorizki. Mit ihr verziert sie an diesem Nachmittag Glasleuchten mit Seidenpapier und macht sie so zu einer effektvollen Adventsdekoration.
Die Leiterin der Seniorentagesstätte räumt ein: "Anfangs mussten erst mal Hemmschwellen überschritten werden, weil sich viele Senioren durch die Kinder und Jugendlichen in ihrem Rhythmus gestört fühlten." Doch inzwischen, so betont sie, seien viele Freundschafften zwischen den alten und jungen Besuchern der Altentagesstätte entstanden. Ob man gemeinsam einen Zoo-Besuch plant, Karten spielt oder sich über den Wandel des Schullebens unterhält? Für Dormann-Juckewicz geht es daran, dass die Kinder und Jugendlichen aus dem Jugendzentrum an der Georgstraße ganz nebenbei auch von sprachlichen und kulturellen Wissen der alten Menschen profitieren.
Doch wer sich bei "Jung trifft Alt" umschaut, der fühlt sich wie bei einem großen Familientreffen und der merkt schnell, dass gerade auch die Senioren von der Abwechslung profitieren, die der Besuch der Jugendlichen für sie mit sich bringt. "Wenn man gemeinsam etwas mit Kindern und Jugendlichen macht und sich mit ihnen unterhält, fühlt man sich auch selbst wieder jung, weil man an ihrem Leben teilnimmt", sagt zum Beispiel der 85-jährige Günter Knnaak. Und für die 73-jährige Lilli Polzow, die selbst keine Kinder hat, steht fest: "Diese Kinder sind echt in Ordnung. Alles, was Recht ist. Sie sind sehr freundlich und hilfsbereit und gar nicht so laut und stürmisch, wie man zuerst vielleicht vermuten konnte. Deshalb freue ich mich immer auf ihren Besuch und blühe richtig auf, wenn sie da sind."
Nachdem der Start des Projektes "Jung trifft Alt" im Rahmen der von der Drogerie-Kette dm und der Deutschen UNESCO-Kommission getragenen Initiative "Sei ein Futurist" finanziert worden ist, weil es von den Initiatoren als beispielhafte Förderung einer nachhaltigen Bildungsarbeit angesehen worden ist, hofft Projektleiterin Tig, dass die Stadt im kommenden Jahr in die Finanzierung mit einsteigt. Das ist angesichts der kommunalen Haushaltsmisiere wohl nur ein frommer Wunsch, dessen Erfüllung sich aber für die Zukunft der Stadtgesellschaft im Zeitalter des demografischen Wandels langfristig auszahlen könnte.
Weitere Informationen im Internet unter: www.sei-ein-futurist.de
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