Manchmal werden Theaterstücke von der Wirklichkeit eingeholt. Als die neueste Spätlese-Produktion "Tage danach" (Foto: Walter Schernstein) am Freitagabend im Theaterstudio an der Adolfstraße Premiere hat, fahndet die Polizei nach zwei Schwerverbrechern, die aus dem Gefängnis ausgebrochen sind. Wie sind die Gewalttäter zu dem geworden, was sie heute sind? So mag sich fragen, wer das aktuelle Geschehen als Zeitungleser und Fernsehzuschauer verfolgt.
Fast reflexartig ist man geneigt, Mutmaßungen über das anzustellen, was in der Kindheit oder bei der Erziehung der Gewalttäter schiefgelaufen sein mag. Und hier wird das Spätlese-Stück, das die Zuschauer am Freitagabend zu sehen bekommen, beklemmend aktuell.
Denn sehr authentisch und sehr präsent bringen die Spätleser an diesem Abend ein Psychogramm darüber auf die Bühne, wie süffisante Besserwisser und vermeintlich gute Ratgeber die Familien jugendlicher Straftäter, die einen Behinderten überfallen haben, systematisch zu Sündenböcken abstempeln, in Sippenhaft nehmen und damit die Saat für neue Verzweifelung und Gewalt legen.
Denn sehr authentisch und sehr präsent bringen die Spätleser an diesem Abend ein Psychogramm darüber auf die Bühne, wie süffisante Besserwisser und vermeintlich gute Ratgeber die Familien jugendlicher Straftäter, die einen Behinderten überfallen haben, systematisch zu Sündenböcken abstempeln, in Sippenhaft nehmen und damit die Saat für neue Verzweifelung und Gewalt legen.
„Ich habe mir da so meine Gedanken gemacht. Dafür muss man kein Psychologe sein”, sagt eine Besserwisserin in einer Szene. Und die von Ursula Vollbring gespielte Mutter eines jungen Täters klagt: „Alle starren mich an. Ich fühle mich wie in einem Zoo und laufe schon den ganzen Tag wie ein Tiger im Käfig herum.” Ein besonders starkes Bild bringt das Ensemble um Regisseur und Theaterleiter Eckhard Friedl auf die Bühne als es mit „Paulinchen war allein zu Haus. Die Eltern waren beide aus” auf eine Geschichte aus dem Struwwelpeter zurückgreift.
Es sind zwei Besserwisserinnen, schrecklich schön gespielt von Genoveva Bühler und Angela Pott, die ihre Häme, ja Schadenfreude über das vermeintliche Scheitern der anderen nur schwer hinter einer gutbürgerlichen und vermeintlich gut meinden Fassade verbergen. Symbolträchtig reichen sie der erstaunlich sensibel und souverän von der zwölfjährigen Bühnendebütantin Federica Engels gespielten jüngeren Schwester eines Täters immer wieder Streichhölzer. Die wirft das Mädchen zunächst immer wieder weg. Doch am Ende des eineinhalbstündigen Stücks zündet sie plötzlich doch ein Streichholz an, nachdem sie in der Schule immer wieder gemobbt wurde und auch mit dem Versuch gescheitert ist, ihre verzweifelte Mutter zu trösten. Eine Zuschauerin bringt es nach der Aufführung auf den Punkt: „Das Erschreckende ist, dass man in diesem Stück erkennt, dass jeder sehr schnell in eine vergleichbar verzweifelte Situation geraten könnte.” Und man versteht eine Spätlese-Schauspielerin, die diesmal nicht mit auf der Bühne stand, wenn sie sagt: „Dieses Stück wäre für mich zu hart und zu schwer zu spielen gewesen.”
Es sind zwei Besserwisserinnen, schrecklich schön gespielt von Genoveva Bühler und Angela Pott, die ihre Häme, ja Schadenfreude über das vermeintliche Scheitern der anderen nur schwer hinter einer gutbürgerlichen und vermeintlich gut meinden Fassade verbergen. Symbolträchtig reichen sie der erstaunlich sensibel und souverän von der zwölfjährigen Bühnendebütantin Federica Engels gespielten jüngeren Schwester eines Täters immer wieder Streichhölzer. Die wirft das Mädchen zunächst immer wieder weg. Doch am Ende des eineinhalbstündigen Stücks zündet sie plötzlich doch ein Streichholz an, nachdem sie in der Schule immer wieder gemobbt wurde und auch mit dem Versuch gescheitert ist, ihre verzweifelte Mutter zu trösten. Eine Zuschauerin bringt es nach der Aufführung auf den Punkt: „Das Erschreckende ist, dass man in diesem Stück erkennt, dass jeder sehr schnell in eine vergleichbar verzweifelte Situation geraten könnte.” Und man versteht eine Spätlese-Schauspielerin, die diesmal nicht mit auf der Bühne stand, wenn sie sagt: „Dieses Stück wäre für mich zu hart und zu schwer zu spielen gewesen.”
Was Tage danach so authentisch und sehenswert, aber aus der Zuschauerperspektive auch anstrengend macht, ist die Tatsache, dass man sich in den Charakteren und ihren Handlungsstrategien, die die Spätlese-Schaupieler auf die Bühne bringen, wiedererkennen kann. Da ist viel Verdrängung im Spiel, wenn etwa die von Elli Gumny gespielte Tätermutter und Unternehmergattin halb resolut, halb panisch sagt: „Mein Junge hat nichts Böses getan. Der ist da nur hereingeschlittert und war so schockiert, dass er dabeistand und nicht weglaufen konnte.” Trotzig und hilflos kommt auch der von Jochen Keienburg gespielte Großvater eines Gewalttäters daher, wenn er über seinen Enkel sagt: „Da muss der jetzt durch und dann sehen wir weiter.”
Weiter sehen kann man das Stück Tage danach am 6. Dezember (jeweils um 16 Uhr) im Spätlese-Theaterstudio an der Adolfstraße 89a.
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