Dienstag, 20. November 2012

Wie heilsam kann die Heilige Schrift sein? Ein Seminar des Katholischen Bildungswerkes betrachtet den medizinischen Fortschritt aus biblischer Sicht

Wir werden immer älter, statistisch gesehen. Der medizinische Fortschritt macht es möglich. Doch was macht unseren Leib und unsere Seele wirklich gesund und heil? Die an der Ruhruniversität Bochum lehrende und forschende Theologin und Bibelwissenschaftlerin Dr. Esther Brünenberg-Bußwolder (36) wird am 24. November in einem Tagesseminar des Katholischen Bildungswerkes Mülheim den Medizinischen Fortschritt aus biblischer Sicht beleuchten und diskutieren. Im Vorfeld sprach das Ruhrwort mit ihr darüber, was man als moderner Mensch im Zeitalter des oft als zweischneidig empfundenen medizinischen Fortschritts aus den Heils- und Heilungsgeschichten der Bibel lernen kann.


Wen und was wollen Sie mit ihrem Tageseminar über den medizinischen Fortschritt aus biblischer Sicht erreichen?

Diese spirituelle Dimension eröffnen die biblischen Texte sehr stark.
Sie vermag mehr als ein Denkanstoß in eigener wie miterlebter Krankheit zu sein.

Was faziniert Sie selbst als Theologin an diesem Thema?

In glücklicher, gesunder Zeit, in der es uns gut geht, fallen uns Gottesbegegnung und Gotteserfahrung leicht. Die biblischen Texte aber zeigen, wie gerade in der Verletzlichkeit des Lebens, in Grenz- und Krankheitssituationen, Gotteserfahrung spürbar wird.

Was können Ärzte und Patienten heute aus den Heils- und Heilungsgeschichten der Bibel lernen?

Menschliches Leben ist geschenktes, unverfügbares Leben - kein Fall, keine Nummer, kein Forschungsobjekt. Heilung hat etwas mit Heil-Werden zu tun.Ein Arzt, wie ihn die Bibel in den Heilungsgeschichten vorstellt, nimmt die Menschen ernst, nimmt sich Zeit für Begegnung und Gespräch, für Berührung und Gestik. Die Bitte um Heilung und die Voraussetzung zur Heilung - der Glaube -, gehen aber initiativ von den Kranken aus. Heilung erschöpft sich nicht in medizinischem Fortschritt.

Wie können wir als moderne Menschen die Wunderheilungen Jesu verstehen und begreifen?

Die Wunderheilungen erzählen von der Wirkmächtigkeit Gottes und vom Vertrauen der Menschen in die göttliche Heilungskraft. Ihre historische Substanz ist zum Teil strittig. Ihre literarische Gestaltung zeigt aber die Intention der Evangelisten: In der Erinnerung des Schrift gewordenen Ereignisses zu vergegenwärtigen, worin Hoffnung und Vertrauen, Sehnsucht und Bitten des Menschen liegen. Und es wird eine weitere Dimension deutlich: Wunderheilungen zeigen, dass es letztlich auf den Glauben ankommt - damals wie heute: "Dein Glaube hat dich geheilt." (Mk 5,34). Hierin zeigen sich Zuspruch wie Anspruch, Ruf und Antwort, eine enge Gott-Mensch-Beziehung vorausgesetzt.

Fehlt unserem auf medizintechnische und ökonomische Optimierung fixierten Gesundheitswesen der Geist des barmherzigen Samariters?

Die Erzählung vom barmherzigen Samariter betont ja vor allem zweierlei: einen zugewandten Blick auf den Menschen, an dem alle anderen vorbeigelaufen sind, und die Rührung des Herzens, aus der ein selbstloses, am notleidenden Menschen orientiertes Handeln folgt. So wichtig die Medizintechnik für die Möglichkeiten der Heilung eines erkrankten Menschen ist, so wenig zu leugnen die Bedeutung der Ökonomie ist: Die Rührung des Herzens aber setzt ein Menschenbild voraus, das den Menschen in seiner Geschöpflichkeit sieht, in seinem physischen wie psychischen Schmerz, in seinen Beziehungsgefügen und Emotionen. Es gilt, den Menschen anzuschauen, nicht über ihn hinwegzuschauen.

Weitere Auskünfte und Anmeldung zum Tagesseminar Krankheit und Heil(ung) aus der Sicht des Alten und Neuen Testaments – oder: Von den Möglichkeiten Gottes“ im Katholischen Bildungswerk Mülheim, das sich im Katholischen Stadthaus am der Althofstraße 8 findet, gibt es dort unter den Rufnummern 0208/3083-136 oder 0208/85996-37 Die Tagungsgebühr von 30 Euro beinhaltet auch ein Mittagessen und Kaffee. Die Veranstaltung beginnt am 24. November um 9 Uhr und endet gegen 17 Uhr.

Dieses Interview erschien am 17. November 2012 in der katholischen Wochenzeitung RUHRWORT


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