Kyra Tagaz ging es wie vielen, die im Januar die ersten Fernsehbilder vor der Erdbebenkatastrophe in Haiti sahen. Sie war erschüttert. Doch die angehende Abiturientin von der Dümptener Gustav-Heinemann-Schule beließ es nicht bei der Erschütterung. „ich habe mir gesagt: Wir sind doch eine große Schule mit 1600 Schülern. Da müssen wir doch was machen können, um den Menschen in Haiti helfen zu können“, erinnert sie sich an ihren ersten Gedanken.Mit ihrem Willen zu helfen, lief sie bei Schulleitung und Schülvertretung offene Türen ein. „Wir haben zwar schon eine Partnerschule in Thailand, die wir regelmäßig unterstützen. Aber ich habe sofort eingesehen, dass die akute Nothilfe für die Erdbebenopfer in Haiti jetzt Vorrang haben muss“, betont Schulleiterin Christa van Behrend.
Schon einen Tag nachdem sie in einem Gespräch mit Tagaz erste Ideen für eine Spendenaktion gesammelt hatte, tagte die Schülervertretung.Bei der Schülerratssitzung kristallisierten sich erste Aktionen heraus. Die vier Anmeldetage der Gustav-Heinemann-Schule standen bevor. An diesen Tagen der offenen Tür versorgten Oberstufenschüler die zahlreichen Besucher mit selbstgebackenen Waffeln und Hot Dogs. Unterstützt von Schülermutter Sabine Beckmann brachten Fünftklässler bei dieser Gelegenheit 230 Primeln an die Frau und den Mann. Dabei blieb es nicht.
Die Schulpflegschaftsvorsitzende Alexandra Neuendorf nutzte „unser gut durchstrukturiertes Netzwerk“, um innerhalb der Elternschaft um Spenden für die Haiti-Hilfe zu werben.Die Mutter der Initiatorin, Vera Tagaz, nutzte den kurzen Draht zu ihrem Arbeitgeber, dem Diakonischen Werk. Sie besorgte nicht nur Sammeldosen, mit denen HeinemannSchüler bei Freunden, Familienangehörigen und in ihren Nachbarschaften um eine Spende für Haiti baten, sondern machte sich auch schlau, wem man die Schüler- und Elternspenden sinnvollerweise zukommen lassen sollte.Die einhellige Wahl der Schulgemeinschaft fiel schließlich auf die in Duisburg ansässige Kindernothilfe. Sie ist dem Diakonischen Werk angeschlossen und arbeitet seit 1981, unter anderem in einem Netzwerk mit der Heilsarmee und den Vereinten Nationen in Haiti, um vor allem elternlosen Kindern einen geschützten Raum zu bieten, in dem sie nicht nur essen, trinken und schlafen, sondern auch spielen und lernen können.
Dabei steht die Kindernothilfe, wie ihre Bildungsreferentin Susanne O’ Byrne Schülern, Lehrern und Eltern jetzt berichtete, selbst vor einer großen Wiederaufbauanstrengung. Denn das Erdbeben hat fünf ihrer bisher sechs Kinderzentren in Haiti zerstört. Jetzt ist man nach der ersten Notversorgung dabei nicht nur den vorhanden Bestand wiederaufzubauen sondern langfristig insgesamt 13 Kinderzentren einzurichten. Beim Wiederaufbau geht man nach dem Prinzip vor: „Weniger ist mehr.“ Zeltstädte und Holzhäuser ersetzen die Steinhäuser, die dem Erdbeben nicht standhalten konnten.Dass die Arbeit der Kindernothilfe, die vor Ort von einem Partnerbüro koordiniert wird, nötiger denn je ist, macht O’Byrne mit dem Hinweis deutlich, dass derzeit schätzungsweise eine Million Kinder elternlos oder „unbegleitet“ in Haiti überleben müssen und damit der Gefahr ausgesetzt sind, von Menschenhändlern verschleppt oder als Haussklaven missbraucht und ausgebeutet zu werden.Dabei kümmert sich die Kindernothilfe nicht nur um die materielle Versorgung elternloser Kinder, sondern auch um ihre therapeutische Begleitung, um die traumatischen Erfahrungen des Erdbebens aufzuarbeiten. „Das ist ein sehr beeindruckendes Engagement und ich versichere Ihnen, dass Ihre Spenden gut eingesetzt werden“, versprach O’Byrne, als sie jetzt einen Scheck über 4305 Euro für die Kindernothilfe in Empfang nehmen konnte
Dieser Text in auch in NRZ und WAZ erschienen
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